Sex im Berliner Spa: „Im großen Becken fing ein Pärchen an zu fummeln“
Paare sollen sich im warmen Wasser des Kreuzberger Liquidroms amüsiert haben. Warum das in Berlin weder verwundert noch zum Skandal taugt.

Vor ein paar Tagen machte in Berlin eine Meldung die Runde, dass in der Kreuzberger Salzwasser-Therme Liquidrom an einem Tag zwei Paare Sex gehabt hätten. So weit, so bemerkenswert. Andererseits kann es nicht wirklich überraschen, dass sich im Spa, das sich selbst als „Paradies aus Wärme, Wasser und Musik“ bezeichnet, Paare verlustieren.
Schließlich wird das Liquidrom auf etlichen Internetseiten geradezu angepriesen als Ort für Schäferstündchen. Die Kollegen von Mit Vergnügen etwa listen das Spa unter den „11 Orten in Berlin, an denen ihr (fast ungestört) Sex haben könnt“ auf und schreiben von „dunklen Ecken, warmem Wasser, Saunaaufgüssen und jeder Menge Liegen“, tagsüber habe man viele Bereiche fast für sich allein.
Auf Tripadvisor muss man ebenfalls nicht lange suchen, um Erfahrungsberichte zu finden. „Im großen Becken fing ein Pärchen an zu fummeln“, schreiben Nutzer da. Und: „Das Bad ist dunkel gehalten. Dies animiert etliche Pärchen zum Liebesspiel.“ Nun fragen wir uns eigentlich nur noch: Wer regt sich darüber wirklich noch auf? Das Liquidrom ist sicher nicht das erste und auch nicht das letzte Bad, in dem den einen oder die andere beim Anblick des (halb-)nackten Partners die Lust überkommt. Da mag die Hausordnung noch so sehr auf Einhaltung der Regeln pochen. Im Sauna-Knigge des Bades in der Möckernstraße unweit des Tempodroms heißt es: „Bitte verzichten Sie im gesamten Liquidrom auf laute Gespräche und reduzieren Sie den Austausch von Zärtlichkeiten auf ein Minimum.“
Tja, nur wer definiert, was ein Minimum ist? Sex an öffentlichen Orten, den hat es in Berlin jedenfalls schon immer gegeben, und an vielen Spots muss man nicht mal Eintritt bezahlen, wie unsere Beispiele zeigen.
ÖPNV – Liebe im Bus
Wer schon mal vom Baumblütenfest in Werder mit den Öffentlichen zurück nach Berlin gefahren ist, der weiß, dass der süße Obstwein die Laune hebt und einige Pärchen das „Verkehrs“-Mittel, mit dem sie reisen, allzu wörtlich nehmen. Jedenfalls können längst nicht alle warten, bis sie dem Regionalexpress entstiegen und zu Hause sind.
Auch die Berliner U-Bahn hat schon das eine oder andere Liebespaar durchgereicht. Manchmal macht im Anschluss entsprechendes Beweismaterial die Runde. So zeigte vor zwei Jahren ein 55 Sekunden langes Video, das auf Whatsapp Verbreitung fand, wie ein Mann und eine Frau Oralsex in der U-Bahn hatten. Ob es sich um leidenschaftliche Ungeduld oder um Material für eine Porno-Produktion handelte, konnte im Nachhinein nicht festgestellt werden. Vermutlich sei es kurz vor Betriebsschluss passiert, da sei man oft alleine im Zug und traue sich so etwas, mutmaßte damals eine BVG-Sprecherin.
2014 wurde auf der Videoplattform Liveleak.com ein Neun-Sekunden-Video hochgeladen, das ein junges Pärchen am frühen Morgen beim Sex im U-Bahnhof Schönleinstraße zeigte. Ein Fahrgast hatte den Clip wohl aus der Bahn heraus aufgenommen. Beschwerden oder Anrufe wegen des Pärchens gab es keine.
Berliner Parks als Lustgarten
Auf der oben schon erwähnten Mit-Vergnügen-Liste für Orte in Berlin, an denen man (fast ungestört) Sex haben kann, finden sich auch diverse städtische Grünanlagen. Der Drachenspielplatz in Friedrichshain zum Beispiel, oder die Insel der Jugend zwischen Treptower Park und Plänterwald.
Davon, dass derartige Tipps immer wieder gern in die Praxis umgesetzt werden, zeugen Schlagzeilen wie „Pärchen rammelt in der Hasenheide wie die Karnickel“ (BZ, Juli 2016) oder „Sex im Freien: Der Tiergarten ist seit 100 Jahren ein Lustgarten“ (Berliner Zeitung, Juli 2021). In Gay-Guides wird der Tiergarten bisweilen als „die wohl größte Cruising-Area der Stadt“ bezeichnet: „Hier ist ständig was los, meistens allerdings in den Abend- und Nachtstunden, auch bei schlechtem Wetter.“

Und zur Hasenheide gibt es den Hinweis auf den Treffpunkt auf der Klappe beim Kiosk und rechts davon im Wald hinter der Wiese, wo sich im Sommer die Leute nackt sonnen. „Viel junges Publikum.“
Fummeln in der Sauna
Die Betreiber von Saunen haben es nicht leicht: Einerseits gehört es zu ihrem Geschäftsmodell, die Menschen dazu zu bringen, sich auszuziehen. Andererseits soll niemand durch die Nacktheit der anderen auf anregende Gedanken kommen. Es ist fast ein Wunder, dass man zum Beispiel bei den Onlinebewertungen vom Vabali sehr, sehr lange suchen muss, bis man einen Kommentar findet, der auf solche Erlebnisse hindeutet. Frank85 schreibt: „Ich möchte eigentlich ungern Zeuge davon werden, wie es potenziell in deutschen (oder internationalen) Schlafzimmern zugeht.“
Saunen regen gerade in Deutschland nun einmal die Fantasie an. Da sitzen 15 Menschen komplett nackt und schwitzend in einem Raum und keiner spricht. Wenn dann noch der Wasserdampf vor den Blicken von gegenüber schützt, passiert auch in Berliner Fitnessstudios derart viel, dass in Online-Bewertungen vor einigen Studios gewarnt wird – zumindest in den Abendstunden. Dabei ist bei Sauna-Temperaturen viel mehr als Fummeln ja kaum möglich.
Das Schwitzbad der Schwimmhalle am Ernst-Thälmann-Park in Prenzlauer Berg wurde sogar zu einem Politikum: Dort gab es jahrelang einen „Herrentag“ für die öffentliche Sauna des Bades. Kaum zu glauben, dass die Betreiber sich ernsthaft wunderten, dass an jenem Tag vor allem Homosexuelle das Schwimmbad aufsuchten. Wahnsinn! Der Herrentag wurde abgeschafft, wieder eingeführt und ist nach der Pandemie nicht mehr im Programm aufgetaucht.
Zwinkern vor der Umkleidekabine
Sex in der Umkleidekabine ist wahrscheinlich ähnlich häufig wie Sex mit dem Pizzaboten. In der Theorie (und im Film) sieht es sehr aufregend aus. Aber praktisch ist es viel zu eng, der Vorhang schützt nicht genug vor Blicken, die Schlange im H&M wird immer länger und wahrscheinlich enden die meisten dieser Umkleide-Abenteuer mit einem peinlichen Hinaus-Eskortieren vom Sicherheitsdienst; oder mit einem Livevideo auf Xtube, gefilmt von der Nachbarkabine.
Je hochpreisiger allerdings das Geschäft ist, umso besser ausgestattet ist auch die Umkleide-Situation. Bei einigen Geschäften auf dem Kudamm haben diese Räume die Größe eines New Yorker Schlafzimmers und sind abschließbar. Wenn sie dann noch nach anregendem Raumparfüm duften, muss man nur noch den oder die Sexualpartner finden. Dafür wiederum eignen sich dann Apps, die Mitarbeiter von Berliner Bekleidungsgeschäften haben das alles schon erlebt. Man muss sie nur fragen – und wenn man das tut, sollte man das Zwinkern nicht vergessen.
Die Legende vom Mile High Club
Wer drin ist, ist drin! Angeblich ist der Mile High Club oder MHC die exklusivste Gruppe, wenn es um Sex in der Öffentlichkeit geht. Der Name ist die Bezeichnung für Menschen, die an Bord eines sich in der Luft befindenden Flugzeugs Sex haben. Dabei sollte der Flieger mindestens eine Flughöhe von einer nautischen Meile, also rund 1800 Metern haben, sonst zählt der Verkehr nicht und man ist nur ein schnöder Kabinen-Lüstling.
Aber wo kann man in einem Flugzeug ungestört Sex haben? Mal abgesehen vom Cockpit, wo man ja hoffentlich mit anderen Dingen beschäftigt ist. Richtig, auf der Toilette. Doch wer mal auf dem überhaupt nicht stillen Örtchen in einem Flugzeug war, der weiß, dass Sex dort nicht passieren kann. Beim Händewaschen stößt man ja schon mit dem Po an die Bordwand, auch alle anderen Positionen sind aufgrund der Enge keine Option.
Zudem kann man von außen hören, was im inneren passiert und spätestens nach drei Minuten klopft es an die Toilettentür, weil die anderen Passagiere eben auch mal müssen. Es gibt ein paar Geschichtchen über den Mile High Club, das Netz ist voll davon, aber einen Beleg über die tatsächliche Existenz des Sexclubs über den Wolken gibt es bislang nicht.
Quickie im Club
Ausgehen in Berlin erfüllt mehrere Zwecke: Man kann toll tanzen, man kann toll abstürzen, Freunde treffen und: Sex haben. Zugegeben, es kann mitunter etwas befremdlich wirken, wenn man in einem Club plötzlich Menschen beim Sex sieht, aber viele Berliner Clubs beziehen aus genau dieser Art der Libertinage ihre Anziehungskraft.
Sicherlich kann man auch in München oder Frankfurt auf einer Disco-Toilette vögeln, aber in Berlin muss man dafür noch nicht mal die Restrooms aufsuchen. In Berlin wird direkt auf der Tanzfläche das Reich der körperlichen Begegnung aufgesucht, mit anderen Worten: Achten Sie beim Tanzen darauf, nicht über ein kopulierendes Pärchen zu stolpern!
Viele Clubs machen sich erst gar nicht die Mühe, mit der eventuellen Möglichkeit auf einen Quickie zu locken, sondern haben Sexpartys fest in ihrem Programm. Aber ganz ehrlich: Will man das dann noch, wenn man es ohnehin schon darf?