Silvester in Berlin: Feuerwehr mit scharfen Schusswaffen bedroht

Trotz des weitgehend friedlichen Jahreswechsels in Berlin sind Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht im Großeinsatz gewesen. Die Feuerwehr meldete am Montag mit fast 1600 Einsätzen eine ihrer arbeitsreichsten Nächte des Jahres. Die Polizei rückte mehr als 1700 Mal aus, meist wegen falschen Umgangs mit Feuerwerk, Schlägereien und Sachbeschädigungen, wie es hieß.

Mehrfach gab es Angriffe auf Einsatzkräfte. In der Rosmarinstraße in Berlin-Mitte bedrohten mehrere Männer die Besatzung eines Rettungswagens des Arbeiter-Samariter-Bundes mit Pistolen. Die attackierten Einsatzkräfte alarmierten die Polizei, diese habe zwei scharfe Schusswaffen sichergestellt, sagte ein Feuerwehrsprecher. Bei der Polizei war zunächst keine Anzeige zu dem Vorfall eingegangen.

Im Berliner Stadtteil Lichtenrade wurde ein Feuerwehrmann bei einem Einsatz durch einen Faustschlag ins Gesicht verletzt, in Charlottenburg erlitt ein weiterer Kollege Verletzungen durch einen Feuerwerkskörper.

Feuerwehr zieht Bilanz: "durchschnittliche" Silvesternacht

Bereits am frühen Morgen hatte die Feuerwehr Bilanz der Silvesternacht in Berlin gezogen: Für die erfahrenen Retter verlief die Nacht "durchschnittlich". Im Zeitraum zwischen 19 Uhr am Sonntagabend und sechs Uhr am Montagmorgen habe es fast 1600 Einsätze gegeben, teilte die Feuerwehr am Montagmorgen mit.

Mehr als 1000 davon seien Rettungseinsätze gewesen, weniger als 500 Brände. Im Jahr davor seien es insgesamt fast genauso viele Einsätze in diesem Zeitraum gewesen.

Geschäft in Mehrfamilienhaus in Flammen

Der wohl größte Einsatz der Silvesternacht fand in Neukölln statt: In einem Mehrfamilienhaus war ein größeres Feuer ausgebrochen. Drei Menschen wurden leicht verletzt worden, so die Feuerwehr. Der Brand hatte in einem Geschäft im Erdgeschoss begonnen und auf eine Wohnung im ersten Stock übergegriffen. 65 Einsatzkräfte kämpften gegen die Flammen. Gitter in den Fenstern und eine gut verriegelte Tür zu dem Geschäft hatten den Feuerwehrleuten die Löscharbeiten erschwert. Kurz vor zwei Uhr sei der Brand unter Kontrolle gewesen, sagte ein Feuerwehrsprecher. Die Brandursache war zunächst unklar.

Knallkörper sprengt Scheibe eines Polizeiautos

Auch die Polizei meldete mehrere Übergriffe. So wurden in Schöneberg in der Gegend um die Potsdamer Straße und die Pallasstraße Einsatzbeamte aus größeren Gruppen heraus immer wieder mit Pyrotechnik und Flaschen beworfen, wie es hieß.

Gegen Mitternacht sei unter anderem eine 16-Jährige festgenommen worden, die 44 illegale Böller bei sich hatte. Gegen sie wird wegen besonders schwerem Landfriedensbruch ermittelt.

Ein Zivilfahrzeug der Polizei wurde mit einem so starken Sprengkörper beworfen, dass ein Loch in der Heckscheibe entstand. Die Beamten nahmen mit Hilfe von Kollegen einen 22-jährigen Tatverdächtigen fest, der neben Marihuana und Kokain auch ein Messer bei sich hatte.

Nach einer ersten Bilanz seien mehrere Polizisten während der Nacht leicht verletzt worden, alle hätten aber im Dienst bleiben können, hieß es. Ein Beamter erlitt durch Beschuss mit Pyrotechnik leichte Verbrennungen am Hals.

„Erschreckende Übergriffe“

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, nannte die Übergriffe erschreckend. Er forderte eine gemeinsame Initiative aller Fraktionen im Abgeordnetenhaus, um die Gewalt gegen Einsatzkräfte zu verurteilen. „So geht man nicht mit den Leuten um, die für unsere Sicherheit sorgen“, erklärte er.

Immer wieder kam es in der Nacht Behördenangaben zufolge zu Bränden auf Balkonen und an Fahrzeugen - entweder durch Fahrlässigkeit oder auch vorsätzlich. Im Ortsteil Falkenhagener Feld wurde ein 26-Jähriger von einem Auto erfasst, als er auf der Seegefelder Straße Feuerwerkskörper zündete. Er wurde über die Motorhaube auf die Fahrbahn geschleudert und schwer an der Hüfte verletzt. Der Fahrer schaltete Zeugen zufolge sofort das Licht aus und raste davon.

Insgesamt gingen bei der Polizei mehr als 3000 Notrufe ein, die Zahl der Einsätze stieg mit 1732 leicht gegenüber dem Vorjahr (1669). Bei der Feuerwehr waren es mit 1580 Einsätzen etwa so viele wie ein Jahr zuvor. In fast 450 Fällen ging es um Brände, gut 1000 Mal um Notfallrettung und fast 100 Mal um technische Hilfeleistungen oder anderes. 

Unfallkrankenhaus behandelt mehrere Verletzte nach Silvesterfeuerwerk

Im Unfallkrankenhaus Berlin wurden in der Silvesternacht mehrere Menschen nach Unfällen mit Feuerwerk und Böllern behandelt. In der Silvesternacht seien bis 7 Uhr am Montagmorgen 21 Verletzte gezählt worden, teilte das Krankenhaus am Morgen über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Das Team der Handchirurgie sei durchgehend in drei Operationssälen beschäftigt gewesen. Mindestens fünf Patienten hätten schwere Amputationsverletzungen erlitten.

Am schlimmsten traf es einen Mann, dem drei Finger amputiert werden mussten. Elf Menschen erlitten Hörschäden durch ein Knalltrauma, wie eine Sprecherin mitteilte. Anders als im vergangenen Jahr waren diesmal keine Kinder unter den Verletzten.

Partymeile: „vereinzelte sexuelle Übergriffe“

In einer milden Silvesternacht haben viele Berliner und Gäste aus dem In- und Ausland am Brandenburger Tor ins neue Jahr gefeiert. Nach Angaben des Veranstalters kamen mehrere Hunderttausend Menschen zu der Show mit Auftriten von Musikern wie der Spider Murphy Gang, Oli P und Conchita. Die Stimmung war heiter, aber nicht überschwänglich. Die Polizei berichtete in der Nacht von „vereinzelten sexuellen Übergriffen“ auf Frauen. Zwei Verdächtige seien festgenommen worden.

Mit Blick auf Unfälle und Notfälle sei es für eine Silvesternacht in Berlin bis kurz nach Mitternacht „erstaunlich ruhig“ gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Das gelte nicht nur für die Partymeile, sondern die ganze Stadt. Auf der Partymeile wurden bis kurz nach Mitternacht 95 Erste-Hilfe-Einsätze gezählt. Dabei sei es vor allem um Probleme nach übermäßigem Alkoholgenuss gegangen, sagte die Sprecherin des Veranstalters, Anja Marx.
Insgesamt waren in Berlin 1600 zusätzliche Polizisten sowie mehr als 1400 Feuerwehrleute und Rettungskräfte im Einsatz.

Auf der Festmeile wurde in einem Zelt des Roten Kreuzes erstmals eine spezielle Anlaufstelle für Frauen angeboten. Sie konnten sich dorthin mit Problemen aller Art werden. Wie viele Frauen, möglicherweise auch wegen sexueller Belästigung, zu dieser Stelle kamen, war in der Nacht nicht zu erfahren. Aus Kreisen der Rettungsdienste hieß es, es sei nicht mehr passiert als in den Vorjahren. Eine Bilanz wird am Montag erwartet.

Feuerwerksrakete durchschlägt Scheibe eines Krankenwagens

In der Nähe der Partymeile durchschlug eine Feuerwerksrakete ein Seitenfenster eines Krankenwagens und explodierte im im hinteren Innenraum. Bei dem Vorfall wurde niemand verletzt, denn der Patientenraum war leer. Die beiden Sanitäter saßen vorn in der Fahrerkabine des bereitstehenden Rettungsfahrzeugs, berichtete die Feuerwehr. (dpa/BLZ)