So sah der Große Tiergarten in Berlin 1945 aus

Wären da nicht die Ruine des Reichstages und (am rechten äußersten Rand des Bildes) das Brandenburger Tor – man würde kaum ahnen, dass man hier den Großen Tiergarten vor sich hat. Vollkommen verwüstet und abgeholzt lag er nach Kriegsende da.

Die nationalsozialistischen Machthaber hatten den damaligen Lennéschen Landschaftspark zum Ziel von Bombardements der Alliierten gemacht: Hier stand der sogenannte Zoobunker mit seinen Flakgeschützen.

In den letzten Kriegstagen richtete sich der  Sturm der Roten Armee auf Reichkanzlei und Reichstag. Die Kämpfe zogen das Gelände stark in Mitleidenschaft. Schützengräben durchquerten, Panzer und Granaten pflügten es regelrecht um. Was blieb war eine baumlose Brache, wie diese historische Postkarte von 1945 zeigt.

Unmittelbar nach Kriegsende diente die Ost-West-Achse zeitweise als Flugpiste, auf der Siegessäule war ein Kontrollposten stationiert. Der Kohle- und Brennholzmangel der Nachkriegszeit trieb die Berliner dazu, Bäume und Sträucher im Park abzuholzen.

Der Hunger machte sie außerdem zu Bauern und Gärtnern: Auf den freien Flächen im Tiergarten wurden nun Kartoffeln und Gemüse angebaut.

Pferde und Ochsen

Die britischen Besatzungstruppen hatten diese Nutzung vorübergehend genehmigt: Auf etwa 2550 Parzellen wuchsen Nahrungsmittel, Pferde und Ochsen zogen Pflüge durch den einstigen Parkboden. Einige Flächen ließ der Senat als Felder für Grünfutter bewirtschaften.

Von ehemals rund 200.000 Bäumen standen noch etwa 700. Die lange Zeit vernachlässigten Gewässer waren mit Unrat gefüllt und verschlammt, alle Brücken lagen in Ruinen. Es gab Pläne, die Teich- und Fließlandschaft mit Trümmerschutt aufzufüllen, was der Leiter des Berliner Hauptamtes für Grünplanung, Reinhold Lingner, mit Geistesgegenwart und Hartnäckigkeit zu verhindern wusste.

Schon am 2. Juli 1945 hatte  der Berliner Magistrat den Beschluss zur Wiederherstellung des Großen Tiergartens gefasst, 1946/1947 lagen erste Entwürfe  vor.

Am 17. März 1949 pflanzte Oberbürgermeister Ernst Reuter  die erste neue Linde im Großen Tiergarten und sprach den Bürgern Mut zu: „Wir Berliner lassen uns nicht unterkriegen, und in fünf bis zehn Jahren werden wir im Tiergarten schon wieder einen Baumbestand haben.“

Viele westdeutsche Gemeinden trugen mit Spenden dazu bei: Aus dem ganzen Bundesgebiet kamen insgesamt 250.000 Baumpflanzlinge in die Stadt – während der Berlin-Blockade sogar per Flugzeug.

Auf 210 Hektar Grün tummeln sich heute die Großstädter in einem Erholungsraum zum Picknicken, Rumliegen, Luftholen, Flanieren und Joggen. Die Welt beneidet Berlin um diese metropolitane Oase.

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