SPD-Fraktionschef: Raed Saleh muss sich rechtfertigen, er ist an einer Firma beteiligt, die Landes-Aufträge angenommen hat

Wer die richtigen Antworten hat, braucht keine Fragen zu fürchten. Auch keine „Anfragen“: So heißt eines der offiziellen Instrumente, mit denen Parlamentarier ihrer Kontrollpflicht gegenüber der Regierung nachkommen. Eine „Schriftliche Anfrage“ hat jetzt, wie es heißt, der Chef der Piratenfraktion, Martin Delius, an den Senat gestellt. Der Nicht-mehr-Pirat und Noch-nicht-Linke erkundigt sich darin, ob das Land Berlin oder seine Unternehmen Geschäftsbeziehungen zu der Firma Mandaro unterhalten. Wer es nicht gleich auswendig weiß: Die Firma Mandaro gehört (zu einem Drittel) dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, Raed Saleh.

Es wäre legal, hätte aber ein „G’schmäckle“

Die mögliche Brisanz ist zu erahnen, die Frage hat also erst einmal durchaus ihre Berechtigung. Zwar wäre es vollkommen legal, wenn die Firma eines Abgeordneten von demselben Land korrekt vergebene Aufträge erhält, aus dessen Kasse auch der Fraktionsvorsitzende bezahlt wird. Schließlich ist das Berliner Abgeordnetenhaus offiziell ein Teilzeitparlament, und jeder Abgeordnete darf einem Hauptberuf nachgehen. Doch es hätte zumindest das berühmte „G’schmäckle“, wären dies vergleichsweise große Aufträge oder gar solche, die der Fraktionschef selbst auslösen könnte.

Dem ist aber nicht so. Die Beweisführung dazu wirkte szenisch recht kurios: Am Abend eines Presseempfangs der SPD-Fraktion – am Dienstag in der Kalkscheune – bei dem auch die anwesenden Journalisten reichlich Speisen und Getränke auf Steuerzahlerkosten zu sich nahmen, ließ Raed Saleh eine Aufstellung der Landes-Aufträge seiner Firma verteilen.

Netto-Umsatz von 1,8 Millionen Euro

Mandaro, im Jahr 2005 von ihm und zwei Partnern gegründet, ist eine Online-Druckerei, die damit Geld verdient, dass andere ihr im Internet Aufträge für den Druck von Visitenkarten, Plakaten, Flyern, Bannern geben. Sie kümmert sich um das günstigste Angebot und kassiert eine Provision. Ein Netto-Umsatz von 1,8 Millionen Euro kam so im Jahr 2015 zustande, so das Saleh-Papier.

Umfang der Landesaufträge darunter, etwa von der BVG, der Tempelhof Projekt GmbH oder auch mal dem Amtsgericht Lichtenberg: genau 10.176,91 Euro. Anders gerechnet: Knapp 0,6 Prozent der Mandaro-Einnahmen stammen aus Mitteln des Landes. Wäre nicht ein vierstelliger Betrag der BVG darunter (6812 Euro für betriebsinterne Info-Flyer), käme man rasch an die Promille-Grenze.

Ob damit die Schriftliche Anfrage ohne weitere Konsequenzen beantwortet ist? Das darf man bezweifeln angesichts der vielen Geschichten um Spenden und angeblichen Genossen-Filz, die ausgerechnet im Wahlkampf enthüllt werden. Dabei kann sich der Abgeordnete Delius über ein Privileg freuen. So schnell dürfte noch keine offizielle Anfrage beantwortet worden sein.