SPD in Brandenburg: Absturz mit Ansage dürfte sicher sein
Das Ende einer Ära steht bevor: Das Ende des roten Brandenburgs. Das Bundesland rings um Berlin wird seit Ende der DDR von Ministerpräsidenten der SPD regiert. Doch die Zeiten, in denen die Sozialdemokraten die prägende politische Kraft im Land waren, neigen sich wohl dem Ende zu: 80 Tage vor der Landtagswahl am 1. September stürzt die Partei in Umfragen immer weiter ab.
Derzeit steigt die rechtsnationale AfD in der Wählergunst weiter und steht mit 21 Prozent klar auf Platz 1. Die SPD verliert in der jüngsten Umfrage noch einmal vier Prozent und rangiert mit 18 Prozent nur noch auf Platz 2. Ihr niedrigster Wert überhaupt. Unter Landesvater Manfred Stolpe fuhr die Sozialdemokratie auch mal absolute Mehrheiten ein.
Bislang gegen den Bundestrend
Ja, das ist lange her, aber bislang führte die SPD meist die Umfragen an – jedenfalls in Brandenburg, und da war es auch relativ egal, wie der Bundestrend war. Brandenburg tickte anders und blieb SPD-Land. Bislang gewann diese Partei jede Landtagswahl so klar, dass sie sich den Regierungspartner aussuchen und auch mal von der CDU zu den Linken wechseln konnte.
Nun aber ist die SPD eine darbende und sich selbst zerlegende Partei – und muss den Platz des Umfragen-Spitzenreiters ausgerechnet an die AfD abgeben. Das ist kein Zufallswert: Die AfD mischt seit langer Zeit nicht nur in den Umfragen ganz vorn mit, sie lag auch bei der Bundestagswahl 2017 in etlichen Landesteilen ganz vorn oder knapp hinter der CDU.
Sie gewann zuletzt auch die Europawahl – und das, obwohl sie sich in Brandenburg nicht als gemäßigte Kraft dieser Partei präsentiert, sondern als klarer Bestandteil des Rechts-außen-Flügels um den Thüringer Wortführer Björn Höcke.
Wahlkampf im Sommerloch
Bei den Umfrageverlierern wird es nun wieder heißen: Das sind nur Augenblickswerte. Aber es spricht einiges dafür, dass dieser Selbstbetrug dieses Mal nicht funktionieren wird. Diese Umfrage könnte dem Wahlergebnis vielleicht näher kommen, als einigen lieb sein wird. Denn der Wahlkampf fällt dieses Jahr ins Sommerloch.
Das heißt: Das Wahlvolk verabschiedet sich mit dem Bild einer zerrütteten und am Boden liegenden großen Koalition im Bund in den Sommerurlaub, aber auch mit den Bildern einer sehr breitschultrig dastehenden AfD und den ebenfalls sehr breit lächelnden Grünen.
Im Sommer werden die Fridays-for-Future-Kids zwar nicht mehr demonstrieren, aber der Juli wird bestimmt wieder für Klima-Debatten sorgen, so wie in den beiden Jahren davor: 2017 fiel der Sommer bei extremen Regenfällen ziemlich ins Wasser, und 2018 war der Dürresommer schlechthin.
Rot-Rot fehlen die Antworten
Wenn das Wahlvolk dann vier Wochen vor dem Urnengang aus dem Urlaub kommt, ist für die Parteien also nicht mehr viel Zeit. Und ganz sicher wird die große Koalition in Berlin nicht als glänzende Regierung dastehen und begeisternde Klima-Rettungsbeschlüsse erlassen. Auch in Brandenburg fehlen Rot-Rot bereits seit zwei Jahren die Antworten. So musste sie ihr größtes Reformprojekt, eine Kreisreform, aufgeben, weil sich dagegen eine breite Opposition gebildet hatte; sogar in den eigenen Reihen.
Die letzte Rettungsidee ist nun der Umzug des Kulturministeriums von Potsdam in die Provinz nach Cottbus, um die Lausitz zu stärken. Doch dafür erntet die Regierung fast nur noch Häme. Und da im Kohleland Brandenburg sowohl SPD als auch CDU und AfD ganz klar Kohle-Parteien sind, haben sie auch wenige Antworten in der Klimadebatte.
Doch die AfD ist auch kein Sieger. Denn ihre derzeitige Stärke ist eine Stärke ohne Machtoption. Bislang jedenfalls, denn auch die CDU schließt eine Koalition aus.
Grüne als Königsmacher
Es läuft auf eine Anti-AfD-Regierung hinaus, bestehend aus mindestens drei Parteien. Und es ist relativ egal, wer diese Regierung anführen wird – CDU oder SPD, die sich noch immer als „Brandenburg-Partei“ bezeichnet. Beide wären vielleicht stärkste Partei in der Koalition, aber ziemlich schwach.
Denn sie wären vor allem eines: Bittsteller. Die Regierung hängt von den neuen Königsmachern ab, den mächtig erstarkten Grünen, die entscheiden können, wer mit ihnen Regierungschef werden darf. Die Ära der starken SPD ist vorbei, auch in Brandenburg.