Stadtbild Berlin: Urban gardening

Wie heißt det? Örben, wat? Örben Gardeling?“, fragt meine alte Tante. Ich antworte ihr, dass der Begriff, den sie da neulich gehört habe, Urban Gardening heiße. Was soviel wie städtisches Herumgärtnern bedeute. Es handle sich um den Trend, alle freien Flächen in der Stadt zu bepflanzen. Ich erzähle ihr von Stadtgärten wie dem Mauergarten, den Prinzessinengärten, dem Himmelbeet, dem Allmende-Kontor.

Oder vom Wuhlegarten, nicht weit von uns zu Hause, einer interkulturellen Beet-Gemeinschaft. Oder von den Nachbarn, die sogar die kleinen Sandflächen rund um die Straßenbäume zu Mini-Gärten machen: mit Blumen, Kräutern, ja sogar Kartoffeln. Wenn man nicht aufpasse, würde auch noch der Fußabtreter vor der Haustür bepflanzt, sage ich. Schon ein irrer Trend, dieses Urban Gardening.

„Aber eijentlich is det ooch nischt Neuet“, sagt meine Tante. „Nach’m Kriech ham’se überall Jemüse anjepflanzt, damit die Leute wat zu fress’n ham.“ Es stimmt: Vor 70 Jahren setzte man allein im Charlottenburger Schlosspark und im Tiergarten 120 000 Tomatenpflanzen, wie ich in einer alten Meldung las. „Wir ham’ Brennnesselsuppe jejessen“, sagt meine Tante. „Aba heute? Wat brauchen die Leute mitten inne Stadt Beete? Et kommt doch allet von außerhalb. Et jibt ja sojar im Winta Erdbeeren.“

Ihre Philosophie heißt „Pflanz was!“

Ja, man fragt sich schon, was die Leute dazu treibt, dass sie wie irre buddeln, säen, pflanzen und gießen. Und alles auf engstem Raum. Der olle Ur-Berliner liebt zwar „det Jrüne“, betätigt sich als Laubenpieper, macht seine „Radpartie“. Aber das Stadtgärtnern ist vor allem eine Sache der ganz jungen Leute. Ihre Philosophie heißt „Pflanz was!“ In der Erde ihres Hochbeets können sie sich ihre Hände mal so richtig dreckig machen und sich die Minze für ihren Mojito selber ziehen.

„Unkraut verjeht nich“, sagt dagegen der Berliner und lässt seinen Hund an den Straßenbaum pinkeln, ob da mühevoll gehegte Blumen wachsen oder nicht. Das Grünzeug kommt in seiner Sprache meist in gewisser Rauheit vor: „Du hast wohl Tomaten uff de Oog’n!“ – „Nimm deine Birne aus de Latichte, du freche Rübe!“ – „Der bekiekt sich längst die Radieschen von unten“ – „Nur die Harten komm’ in Jarten!“ Manchmal ist der Berliner aber auch „jerührt wie Appelmus“. Kommt selten vor.

Viel zu oft allerdings vergisst er, dass er ja eigentlich selbst ein Grünzeug ist, getreu dem alten Lied: „Denkste denn, denkste denn, du Berliner Pflanze,/ denkste denn, ick liebe dir, nur weil ick mit dir tanze?“