Stadtbild: Jetzt sind die Radler dran
Berlin - Es ist ja nicht so, dass alle Berliner Fahrradfahrer liebenswert sind. Viele von ihnen machen es einem sehr schwer, sie auch nur halbwegs zu mögen. Nicht nur betagte Fußgänger fühlen sich bedrängt, wenn ihnen auf dem Gehweg Radler entgegenrasen. Und wie viele Automobilisten haben es schon erlebt, dass in der Nacht plötzlich Fahrräder ohne Licht kurz vor ihnen auf die Straße einschwenken.
Doch das, was die Finanzplaner des Senats bis vor Kurzem planten, hätten selbst die übelsten Radel-Rambos nicht verdient gehabt. Es wäre auch megapeinlich für Berlin geworden, das sich als Fahrradstadt zu verkaufen sucht – und dies in immer stärkeren Maße auch zu Recht, wie die zunehmend ausgelasteten Radfahrstreifen allerorten vor Augen führen.
Auf der einen Seite für 475 Millionen Euro eine gerade mal drei Kilometer lange Autobahn nach Treptow bauen (wenn auch vor allem mit Bundesgeld) und auf der anderen Seite die ohnehin schon mickrigen Ausgaben für neue Radwege um ein Drittel auf vier Millionen Euro kürzen – das wäre ein Skandal gewesen. Gut, dass dies verhindert wurde.
Sicher gibt es Radler, die sich einen Dreck um markierte Radfahrstreifen und andere Reglementierungen scheren. Doch die Mehrheit profitiert von dem, was wenige fleißige Planer in unterbesetzten Behörden mit wenig Geld zu Wege gebracht haben – und von dem noch viel mehr nötig ist. Schon lange geht es bei diesem Thema nicht mehr darum, dem Autoverkehr Platz für ein paar ausgeflippte Jung-Ökos abzuknapsen.
Auch viele Senioren wagen sich aufs Rad zurück, und der eine oder andere Anzugträger ist inzwischen auch dabei. Im Interesse einer immer breiteren Masse geht es (großes Wort!) um Gerechtigkeit. Zu lange wurde der Radverkehr auch in Berlin vernachlässigt, es gilt noch viel aufzuholen. Jetzt sind auch mal die Radfahrer an der Reihe.