Stadtentwicklung: Der Südosten boomt
Er ist der grünste und wasserreichste Bezirk Berlins. Vor allem deshalb ist er auch attraktiv für Zuzügler: Der Bezirk Treptow-Köpenick gilt als beliebter Wohnort vor allem für Familien und Ruheständler. Bis zum Jahr 2030, so lautet die Prognose der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, soll die Zahl der Bewohner im Bezirk (derzeit sind es gut 244.000) um 8,4 Prozent steigen. Nach Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow und Mitte wird Treptow-Köpenick damit einer der Boom-Bezirke Berlins. Einen Grund für diese Entwicklung sehen Immobilienexperten auch in der Nachbarschaft zum künftigen Flughafen BER.
„Unsere Erfahrungen an anderen Flughäfen zeigen, dass die Wohnungsnachfrage rapide steigt, sobald dort der Betrieb aufgenommen wird“, sagt der Makler Christian Gerome von der Allgemeinen Immobilienbörse. Zwar ist derzeit noch nicht bekannt, wann der neue Großflughafen in Schönefeld seinen Betrieb aufnimmt, doch Investoren greifen längst nach Baugrundstücken. Sie kommen vor allem aus Kanada, Österreich, Russland und Irland und planen vor allem hochwertigen Wohnungsbau.
Dass der BER nicht nur Fluglärm bringt, sondern sich die künftige Entwicklung Berlins entlang des sogenannten Airportkorridors zwischen BER und Innenstadt konzentrieren wird, davon ist man auch in Treptow-Köpenick überzeugt. Doch der Bezirk will mehr sein als nur ein Transit-Bezirk in die City, sagt Bürgermeister Oliver Igel (SPD): „Wir wollen viele Menschen davon überzeugen, dass unser Bezirk ein guter Ort zum Leben und Arbeiten ist.“
Etwa 10.000 Wohnungen sollen bis zum Jahr 2020 entstehen. Das ist ein Viertel jener bis zu 40.000 Wohnungen, die im gleichen Zeitraum für ganz Berlin geplant sind. Viele Quartiere in Treptow-Köpenick entstehen in attraktiver Wasserlage, auf ehemaligen Industriebrachen. Im Südosten ist, im Gegensatz zur Innenstadt, noch viel Platz für Wohnungen.
Vor dem Mauerfall war der Bezirk der wichtigste Industriestandort Ost-Berlins. Zehntausende Menschen arbeiteten dort in Kombinaten wie KWO, TRO, WF oder Rewatex. Viele dieser ehemaligen Industriestandorte liegen seit Jahren brach. Jetzt werden sie von Investoren entdeckt, die meist teure Eigentumswohnungen planen. Doch der Bezirk will auch preiswerten Wohnungsbau, sagt Bürgermeister Igel: „Wir wollen, dass in verschiedenen Preissegmenten gebaut wird.“
Die Mischung muss stimmen
So begrüßt der Bezirk, dass die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo knapp 300 Wohnungen im Bezirk plant. Sie liegen bei Quadratmetermieten von acht Euro (kalt). 75 dieser Wohnungen sollen in Adlershof entstehen, in einem neuen Viertel in der Wissenschaftsstadt Wista. Insgesamt sind dort rund 1000 Wohnungen vorgesehen, in Vier- bis Sechsgeschossern, Reihenhäusern und Townhouses. „In der Wista arbeiten, studieren und forschen 23.000 Menschen, vor allem an sie richtet sich das Angebot, dort auch zu wohnen“, sagt Igel.
Auch Wohnungsbaugenossenschaften wie die WBG Treptow-Süd und WBG Amtsfeld sollen für preiswerten Wohnraum sorgen. So baut die WBG Treptow-Süd an der Dörpfeldstraße in Adlershof 34 Wohnungen, an der Charlottenstraße in Köpenick entsteht derzeit eine Wohnanlage für Senioren und Familien. Auch das seit Jahren leer stehende ehemalige Kinderwochenheim an der Lindenstraße in Köpenick soll zum preiswerten Wohnungsstandort werden.
Igel: „Die Mischung aus preiswert und teuer muss stimmen.“ Wobei die Politik in Treptow-Köpenick, anders als in Friedrichshain-Kreuzberg, keine Forderungen an Investoren nach einem Anteil an preiswerten Wohnungen stellt. „Bei uns im Bezirk gibt es eine vergleichsweise entspannte Situation bei Wohnungen sowie eine große Nachfrage nach gehobenen Eigentumswohnungen“, sagt Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD).
Zwar protestieren Anwohner und Initiativen in Treptow-Nord gegen das Projekt des Berliner Investors Agromex. Der will östlich der Elsenbrücke drei Hochhäuser neben die Treptowers ans Spreeufer bauen. Etwa 200 Luxuswohnungen sind dort geplant. Auch Baustadtrat Hölmer ist überzeugt, dass die Neubauten den Standort zur Topadresse machen werden: „Wer nicht zehn bis zwölf Euro Miete pro Quadratmeter zahlen kann, wird dort perspektivisch keine Chance haben.“