Stasi-Affäre: Ein Blick in Andrej Holms vollständige Kaderakte

Baustaatssekretär Andrej Holm (parteilos, für Linke) gibt bislang an, ihm sei nicht völlig klar gewesen, dass er Ende der 80er Jahre in der DDR als hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter geführt wurde und beruft sich auf Erinnerungslücken. Er hat wohl viele Erinnerungen verdrängt. Aus Holms Kaderakte, die nun vollständig vorliegt, geht hervor, dass Holms Tätigkeit einen längeren Vorlauf hatte.

Schon im Jahr 1988 fand laut einem Vermerk ein Gespräch mit Holm, der damals 18 Jahre alt war, und seiner Mutter statt. Zwei Stasi-Mitarbeiter erläuterten darin „den vorgesehenen Entwicklungsweg“ Holms. Er habe sein vordergründiges Interesse an einem Journalistikstudium bestätigt, „betonte jedoch wiederum, daß er zu seiner Entscheidung, Berufsoffizier des MfS zu werden, steht, auch wenn dieses Studium nicht möglich ist“. MfS steht für Ministerium für Staatssicherheit.

Eine Standardlegende angehender Stasi-Mitarbeiter

Bei seinem Antrag auf einen Studienplatz an der Universität Leipzig gab Holm zudem noch vor seinem Abitur im Frühjahr 1989 an, er sei als Wehrdienstleistender beim Innenministerium (MdI) angestellt. Nach Auskunft der Stasi-Unterlagenbehörde war eine angebliche Tätigkeit für das MdI eine Standardlegende angehender Stasi-Mitarbeiter. Darüber hinaus durchlief Holm laut der Akte einen Kurs bei der Jugendorganisation FDJ, die für die Tätigkeit als „Tschekist“ – also Stasi-Mitarbeiter – vorbereitete.

Die Humboldt-Universität prüft Holms Fall derzeit. Bei seiner Einstellung an der Hochschule hatte er seine Tätigkeit als Stasi-Offiziersschüler verschwiegen und angegeben, er habe Wehrdienst bei einem Stasi-Wachregiment geleistet.

Holm wird sich den Vorwürfen an diesem Freitag bei einer Diskussion mit dem Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk im Kulturzentrum Sebastian Haffner, Prenzlauer Allee 227/228, stellen. Beginn 19 Uhr, der Eintritt ist frei.