Stasi-Affäre: Humboldt Universität zu Berlin zieht Kündigung von Andrej Holm zurück und spricht Abmahnung aus
Im Fall Andrej Holm hat sich am Freitag eine Wende vollzogen: Der wegen der Stasi-Affäre zurückgetretene Berliner Staatssekretär behält nun doch seinen Arbeitsplatz an der Humboldt-Universität (HU). Holm habe in einer neuen Erklärung falsche Angaben zu seiner Stasi-Tätigkeit zugegeben, teilte die Universität am Freitag mit. Daher werde nun keine Kündigung, sondern lediglich eine Abmahnung ausgesprochen.
In einer von der Universität verschickten Pressemitteilung wird Holm mit den Worten zitiert: „Ich bin mir heute bewusst, dass ich gegenüber der HU objektiv falsche Angaben hinsichtlich meiner Tätigkeit für das MfS gemacht habe. Ich bedauere das und ebenso, dies nicht sofort gegenüber der HU zum Ausdruck gebracht zu haben."
"Expertise im Bereich Stadtsoziologie erhalten"
Vor dem Hintergrund der neuen Erklärung Holms müsse das Vertrauensverhältnis zu dem wissenschaftlichen Mitarbeiter neu bewertet werden, heißt es von Seiten der Universität. Präsidentin Sabine Kunst sehe die Beziehung immer noch als gestört, jedoch nicht mehr als zerstört an.
„Es ist erfreulich, dass wir mit Herrn Holm zu einer gemeinsamen Lösung gekommen sind und damit seine Expertise im Lehrbereich Stadtsoziologie der HU für Lehre und Forschung erhalten können“, erklärte Kunst.
Falsche Angaben im Fragebogen
Holms Umgang mit seiner Stasi-Vergangenheit hatte den Start der rot-rot-grünen Koalition schwer belastet. In den letzten Monaten der DDR hatte er kurze Zeit Dienst als Offiziersschüler geleistet, was als hauptamtliche Tätigkeit gilt. Auf einem Personalfragebogen der HU hatte er dennoch angegeben, dass er Wehrdienst geleistet habe. Als dies nach seinem Antritt als Staatssekretär bekannt wurde, entschuldigte er sich mit Erinnerungslücken.
Nach einigen Wochen öffentlicher Diskussion wies Senatschef Michael Müller (SPD) die Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) an, Holm zu entlassen – dem kam er mit seinem Rücktritt zuvor. Wenige Tage später erklärte auch die HU, sie werde sich von ihm trennen.
Debakel für die Linken
Holms Abgang war auch für die Parteiführung der Linken ein Debakel. Seine Ernennung sollte ein Coup werden, der Gentrifizierungsexperte galt als Garant für eine mieterfreundliche Wohnungspolitik. Doch obwohl Holms Stasi-Tätigkeit bekannt war, hatte sich die Linke nicht auf die Debatte vorbereitet, Holm selbst war offensichtlich überrascht über Details aus seiner Stasi-Akte.
Aus Solidarität hatten Holms Unterstützer nach seiner Entlassung das Sozialwissenschaftliche Institut der HU besetzt. Nach der Entscheidung der Uni am Freitag formierte sich eine kleine Kundgebungsgruppe mit Transparenten. Auch Bekundungen wie "Holm war erst der Anfang" waren darauf zu lesen. Ob die Besetzung anhalten soll und wie wie Protestler sich in Zukunft engagieren wollen, werden sie an diesem Sonnabend in einer Versammlung entscheiden.
Wann Andrej Holm seinen Posten als wissenschaftlicher Mitarbeiter wieder aufnimmt, ist unklar. Aktuell ist er auf dem Papier bis Ende 2018 beurlaubt und wird durch eine Vertretung ersetzt.