Strafgebühren für „Letzte Generation“ bezahlt: Was bewegt die Top-Spender?

Die Klimaaktivisten kleben sich an Berliner Straßen fest. Nun müssen sie 60 Gebührenbescheide zahlen. Wir haben Menschen gesprochen, die per Spende helfen.

Für Polizeieinsätze müssen die Aktivisten nun Geld bezahlen. Einmal Ablösen kostet 241 Euro.
Für Polizeieinsätze müssen die Aktivisten nun Geld bezahlen. Einmal Ablösen kostet 241 Euro.dpa/Paul Zinken

Menschen in orangefarbenen Warnwesten sitzen auf der Straße, ihre Hände sind mit Sekundenkleber an den Asphalt geklebt. Autofahrer und Passanten rufen wütend, sie sollten gefälligst arbeiten gehen, während Polizisten die Aktivisten wegtragen. Diese Szenen spielten sich Woche für Woche an den Zufahrten der Berliner Autobahnen ab. Das hat nun Konsequenzen: 60 Gebührenbescheide mit einer Forderung von jeweils 241 Euro für das Ablösen durch die Polizei.

Die Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“, die die Blockaden organisiert, haben deshalb vor einigen Tagen zu einer Spendenaktion aufgerufen. Die Gruppe befindet sich seit Mitte Juli in einer Sommerpause, Blockaden sind erst wieder nach den Ferien geplant. Ihre Gebührenbescheide werden die Klimaschützer bis dahin längst beglichen haben. Die Spendenaktion brachte ihnen 14.460 Euro ein – in nur zwei Tagen.

Inzwischen sind sogar 1000 Euro mehr eingegangen als die Gruppe benötigt. 323 Menschen haben gespendet. Einige Unterstützer waren besonders großzügig und übernahmen mit einer 241-Euro-Spende genau einen Gebührenbescheid. Wer sind diese Unterstützer – und was treibt sie an?

Gregor Mitsch hat den höchsten Einzelbetrag gespendet: 295 Euro. „Die Menschen, die dort sitzen, sitzen ja auch für uns da“, sagt er am Telefon. Der 40-Jährige wollte mindestens die Kosten für einen Gebührenbescheid übernehmen, sagt er. Mitsch unternimmt seit zehn Jahren keine Flugreisen mehr. „Das Geld ist dort auf jeden Fall besser aufgehoben“, sagt er zu seiner Spende.

Mitsch arbeitet beim BUND Kreisverband Bergstraße in der Nähe von Mannheim und setzt sich schon seit langem für Umwelt- und Klimaschutz ein. Er sei kurz davor gewesen, zu resignieren, erzählt er. Frühere Aktionen wie Petitionen und Demonstrationen hätten nicht dazu geführt, dass „wir das Ruder rumreißen“. Die „Letzte Generation“ gibt dem Naturschützer wieder Hoffnung. „Unsere Lebensgrundlagen werden zerstört“, sagt er. „Deren Strategie ist ein effektives Mittel, das Problem, das wir alle haben, ins Bewusstsein zu rufen.“

„Ich bin dankbar für ihren Mut“

Der BUND Bergstraße hat die „Letzte Generation“ zu einem Vortrag eingeladen, erzählt Mitsch. Im Aufruf zur Spendenaktion erklären die Aktivisten die Dringlichkeit, die sie für ihre Sache empfinden: „Weil wir als Gesellschaft der Realität der Klimakatastrophe nicht weiter aus dem Weg gehen dürfen, wenn wir überleben wollen.“

„Ist das schon viel?“, fragt Hartmut Ehmler, er klingt überrascht. Der Wissenschaftler aus Berlin hat 100 Euro für die Fundraising-Aktion der „Letzten Generation“ gespendet. Warum er die Aktionen der „Letzten Generation“ unterstützt? „Unsere Normalität ist zerstörerisch“, sagt er. „Wir müssen die Notbremse ziehen. Die Zeit der kleinen Schritte ist vorbei!“

Der Hass, der den Aktivisten entgegenschlägt, sei der Preis für die hohe Aufmerksamkeit, die die Blockaden erzeugen. „Ich bin dankbar, dass es Menschen gibt, die so viel Mut haben“, sagt Ehmler. Er glaubt, dass die wütenden Autofahrer sich trotz Ärgernis mit den Gründen für das Ankleben auseinandersetzen. Der Physiker bewertet die „kleinen Verzögerungen im Ablauf“ als unbedeutend gegenüber den Verwerfungen, die es geben wird, wenn die Menschheit nicht rechtzeitig handele.