Früher gab es noch geregelte Schlussverkäufe
Bis 2004 gab es noch geregelte Sommer- und Winterschlussverkäufe, nur dann durften Läden ihre Artikel reduzieren. Mittlerweile hängen die Sale-Schilder das ganze Jahr über in den Schaufenstern, Struktur gibt es da keine mehr.
Berlin-Erinnern Sie sich noch an die Zeiten, in denen es in der Mitte des Winters einen Winterschlussverkauf und in der Sommermitte einen Sommerschlussverkauf gab? Klingt redundant, wenn man es so beschreibt, aber anders ist die Vergangenheit manchmal nicht zu vermitteln. Das hatte schon alles seine Ordnung so. Der Einzelhandel verkaufte in diesen Perioden saisonspezifische Waren – bevorzugt also Klamotten –, um in den Lagern und Regalen Platz für die neuen Kollektionen zu schaffen.

Zwölf Werktage im Jahr waren erlaubt, beginnend mit dem letzten Montag im Januar und dem letzten Montag im Juli. 2004 war Schluss mit den reglementierten Sonderverkaufszeiten. Gesetz und Verordnung, die dem Einzelhandel seit Nachkriegstagen diktiert hatten, wann er die Preise seiner Sortimente reduzieren durfte, wurden gelockert. Seitdem ist eigentlich immer Schlussverkauf. In der Stadt ist es kaum möglich, einen Tag lang Schaufenster zu passieren, an denen keine Prozentzeichen kleben und eine einmalige Shopping-Gelegenheit verheißen.
Verlust von Übersichtlichkeit
Andauernd werden Sales ausgerufen, was auf Deutsch lediglich Verkauf heißt, also eigentlich auch dann gilt, wenn keine Sonderangebote winken. Will ein Eigentümer in Amerika sein Haus verkaufen, rammt er ein Schild in den Vorgarten: For Sale. Auch wenn er gar kein Schnäppchen meint.
Das eigentliche Problem ist aber nicht der Anglizismus, sondern der Verlust von Übersichtlichkeit. Januar, Juli, das gab Struktur. Frühzeitig im Kalender angestrichen, ließen sich auch bequem die Urlaube danach ausrichten. Heute verlieren sich die Kunden im Gewirr von Mid- und Pre-Season-Sales, dem Endgültig-letzte-Chance-Sale und natürlich dem Black Friday.
Zum Glück ist ein Stück historischer Orientierung geblieben, die guten alten Rabattwochen im Winter und Sommer gibt es noch immer, wie die momentan mit Sale-Schildern blickdicht plakatierten Scheiben der Geschäfte nahelegen.
Die Wühltische von einst, ohnehin kein Synonym für gehobene Einkaufserlebnisse, gehören dagegen der Vergangenheit an. Dort rissen sich Menschen, die schon vor den noch geschlossenen Läden gewartet hatten, in tumultartigen Szenen gegenseitig die Kleidungsstücke aus der Hand. Armselig, denkt man mit dem Hoheitswissen der Gegenwart. Solche Szenen sind heute undenkbar. Von der Eröffnung neuer Primark-Filialen mal abgesehen.