"Täuschungshandlung": CDU-Fraktionschef Graf gibt Plagiat zu

Berlin - Sieben Seiten des Theorie-Teils seiner Dissertation hat er demnach aus zwei bereits erschienenen Büchern abgeschrieben. Er habe sich „fremdes Wissen zu eigen gemacht, ohne die Autoren zu nennen“, steht in dem Brief. Die Urheberrechte anderer Autoren wurden laut Graf nicht verletzt, da die Arbeit noch nicht veröffentlicht wurde.

Am vergangenen Freitag hatte die Universität Potsdam die Plagiatsvorwürfe publik gemacht. Graf war sofort nach Potsdam gefahren, um seine Verzichtserklärung auf den Doktortitel im Dekanat persönlich vorzulegen. Er gab auch seine Promotionsurkunde ab. Er hätte den Titel schon eher abgeben sollen, aber dafür habe ihm der Mut gefehlt, er habe auch Angst vor der öffentlichen Wirkung gehabt, heißt es in dem Brief. Mit seinem schnellen Agieren hofft er nun, die Plagiatsaffäre schnell zu beenden und Schaden von der rot-schwarzen Koalition abzuwenden.

Begründung: Unwissenheit, Bequemlichkeit und Zeitdruck

Am Mittwoch wird der Promotionsausschuss des Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Dekanats der Uni Potsdam über den Fall Graf beraten. Graf hatte 2010 seine Doktorarbeit zum Thema „Der Entwicklungsprozess einer Oppositionspartei nach dem abrupten Ende langjähriger Regierungsverantwortung“ abgegeben. Der Titel bezog sich auf die Berliner CDU. Er erhielt dafür die Note „cum laude“, gut.

Zwei Pflichtexemplare der Arbeit wurden anscheinend an die Bibliothek der Universität abgegeben, aber mit einem Sperrvermerk versehen. Nachdem Graf im Dezember Fraktionschef wurde, gab es offenbar Medienanfragen zu der Arbeit. Das veranlasste den Promotionsausschuss der Universität Potsdam, sich die Doktorarbeit noch mal genauer anzugucken, vor allem nachdem in der Vergangenheit mehrere Politiker mit ihren schluderhaften wissenschaftlichen Arbeiten aufgeflogen waren.

Graf begründet seine Täuschungen mit Unwissenheit, Bequemlichkeit und Zeitdruck. Er hat sein Diplom als Verwaltungswirt an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege gemacht und musste 2003 eine Eignungsprüfung bestehen, um zu promovieren. Mit den „Fragen der wissenschaftlichen Redlichkeit im Umgang mit Quellen, vor allem aus dem Internet“, habe er sich als externer Promotionsstudent nie befasst. „Ich habe es mir zu leicht gemacht“, schreibt er.

Er wollte wahrscheinlich schnell fertig werden. Graf schrieb an der Promotion seit 2004, machte gleichzeitig eine rasche Karriere vom Büroleiter des Fraktionschefs zum parlamentarischen Geschäftsführer. Seit Dezember 2010 schmückte er sich mit dem Doktortitel. Vater wurde er im gleichen Jahr. Heute bilanziert er selbstkritischer: „Wissenschaft und Politik lassen sich nicht gleichzeitig ausüben.“