Tapas-Restaurant Manuela: Wie bei einer spanischen Mutter

Berlin - Ich liebe spanische Küche. Ein nicht unbedeutender Grund ist, dass ich mit einem Spanier zusammenlebe. Leider einem, der nie kocht. Kürzlich schlug ich ihm das Manuela in Kreuzberg vor. „Es heißt, da schmeckt’s wie bei einer spanischen Mutter“, sagte ich. „Hoffentlich nicht“, sagte mein Freund. Er liebe seine Mutter, aber sie sei eine grausige Köchin.

Es ist schwer, ein gutes spanisches Restaurant zu finden, trotz der Tapas-Mode in Berlin. Entweder machen sie auf Folklore oder auf Avantgarde. Manuela ist mittendrin, auch optisch: Es hängen keine Schinken, keine Gitarren und keine Kacheln an den Wänden. Der Laden ist schlicht, etwas zugig, aber nicht nüchtern: viele kleine Tische, ein lange Bar mit Tapasvitrine.

Leider ist die Bedienung desorientiert. Man sollte seine Bestellung gewissenhaft formulieren. Vor allem beim luftgetrockneten Schinken, aus dem die Spanier eine Wissenschaft machen. Es gibt Kurse im Schinken-Schneiden, und jedes Jahr wird ein Schinken-Schneide-Weltmeister gekürt.

Seat statt Mercedes

Bei Manuela sind die Scheiben klein und so dünn, dass man hindurchschauen kann. Jedoch bringt der Kellner erst mal den falschen: Wir haben „Ibérico de Recebo“ bestellt, es kommt „Serrano“. Das ist, wie wenn einem der Mercedeshändler einen Seat hinstellt.

Serrano ist der billigste Schinken, er stammt vom gewöhnlichen Hausschwein. Ein Ibérico dagegen wird aus dunklen Schweinen hergestellt, die schwarze Klauen haben, weshalb er auch „Pata Negra“ (schwarzer Huf) heißt. Für die Qualität des Ibérico ist entscheidend, wie reinrassig das Schwein ist und was es frisst. Der teuerste ist der „Bellota“, ein Schinken von glücklichen Schweinen, die mindestens zu 75 Prozent der Ibérico-Rasse entstammen und die sich mindestens 40 Prozent ihres Lebendgewichts freilaufend mit Eicheln (bellota) anfressen dürfen. Die schwarzen Schweine des „Recebo“ haben es nicht mehr ganz so gut. Sie werden nur während der Endmast (recebo) mit Eicheln gefüttert.

Glänzend hellrot mit kleinen Fetträndern, liegt der Recebo vor uns. Er schmeckt fantastisch: weich und nussig, ein Bellota würde jetzt sogar schmelzen. Den gibt es hier nicht, ein guter kostet leicht 150 Euro das Kilo. Der teuerste heißt „Albarraga“. 250 Euro das Kilo.

Rettung dank der Tapasvitrine

Ich freue mich auf Pulpo a la gallega, mein Lieblingsgericht. Gegarte Krake mit Olivenöl, Knoblauch und Paprikapulver. Leider hat die Küche schon um zehn geschlossen, einer sehr unspanischen Zeit, und der Kellner hat vergessen, uns nach dem Hauptgericht zu fragen, obwohl wir seit einer Stunde hier sind.

Ich finde das nicht so schlimm, es bleibt ja die Tapasvitrine. Die Tortilla, die wie ein Kuchenstück vom dicken Kartoffel-Omelet abgeschnitten wird, ist schön saftig. Dazu passt „bacalao“, ein Stockfischgericht, das mein Freund seit seiner Kindheit liebt. In Salz getrockneter Kabeljau, der zwei Tage in Wasser eingeweicht und mit weißen Bohnen, Paprika, Zucchini und Möhren gebraten wird. Man muss Fischliebhaber sein, diese Tapa riecht streng, schmeckt toll.

Geschmacksarm ist die „salchicha“ mit Auberginen, was an der Wurst liegt, die keine eigene Würze hat. Doch die gebratenen Auberginen sind gut. Gut gemacht ist auch der „ensaladilla rusa“, die beliebteste und seltsamste Tapa der Spanier. Eigentlich passt der Kartoffel-Mayonnaise Salat zu frostigem Wetter. In Russland, wo er erfunden wurde, isst man ihn Weihnachten. Mein Freund mag den Salat nicht. Er behauptet, Spanier bekämen keine vernünftige Mayonnaise hin. Die selbstgemachte im Manuela ist gut.

Die Spanier haben sogar ein eigenes Verb kreiert für Tapas essen: tapear. Umgangssprachlich übersetzt bedeutet es auch: von einer Tapas Bar zur nächsten ziehen. Besser als bei Manuela? In Berlin muss man dafür weit gehen.