Tempelhofer Feld: Der Stimmzettel gefährdet den Volksentscheid

Wer Briefwahl beantragt und seine Papiere angesehen hat, weiß es schon: Die Aufgabe ist anspruchsvoll. Anspruchsvoller als bei allen Volksentscheiden zuvor.

Denn diesmal liegt nicht ein Vorschlag auf dem Tisch, sondern gleich zwei. Den einen hat die Bürgerinitiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ formuliert, den anderen die Koalitionsfraktionen im Abgeordnetenhaus. Und weil der Gesetzgeber es so wollte, sollen die Wähler sich nicht zwischen den beiden Texten entscheiden, sondern jeden einzeln bewerten. Das hat die Zahl der Abstimmungsvarianten drastisch erhöht. Anstatt einfach zu einem der Gesetze „Ja“ zu sagen, sind acht verschiedene Kombinationen möglich.

Erschwerend kommt hinzu, dass beim Durchlesen des Stimmzettels kaum erkennbar ist, worin die Gesetze sich unterscheiden. Oben auf dem Zettel steht der Vorschlag der Bürgerinitiative, darunter der Entwurf des Abgeordnetenhauses. Die Landeswahlleiterin hat aber in den Kurzfassungen keine Gegensätze herausgearbeitet, sondern sich an den Vorlagen orientiert. Nun liest es sich so, als wollten beide Gesetze in etwa das Gleiche, nämlich das ehemalige Flugfeld als Freifläche erhalten. Doch so ist es nicht. Jedenfalls nicht ganz.

Im Kern geht es um die schlichte Frage, ob an den Rändern des Feldes gebaut werden darf oder nicht. Anders formuliert entscheidet das Volk darüber, ob Senat und Parlament auf der landeseigenen Fläche etwas verändern dürfen oder die gesamten 300 Hektar unangestastet lassen müssen. Wer diese Frage klar beantworten kann, was im Sinne gesetzgeberischer Klarheit zu wünschen wäre, sollte von den Varianten, die nebenstehend aufgeführt sind, eine der beiden ersten wählen: entweder „Ja plus Nein“ (nicht bauen) oder „Nein plus Ja“ (bauen).