Dass Berlin Verkehrsprobleme hat, wird fast jeder Berliner Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger und Nahverkehrsnutzer gern bestätigen. Und leider droht sich auch der neue Senat zu verzetteln. Nicht nur, dass die Verkehrsverwaltung laut rot-grün-rotem Koalitionsvertrag die Planung von fünf U-Bahn-Strecken vorantreiben muss, von denen mindestens die Strecken zum BER und nach Heerstraße Nord nicht dringend gebraucht werden. Der Senat soll sich auch mit der Frage befassen, ob und wo weitere Seilbahnstrecken sinnvoll wären – was weitere Kapazitäten bindet.
Spätabends in einer geschlossenen Kabine mit Fremden allein
Verständlich ist es ja schon, warum Seilbahnen ein Modethema sind. Lautlos durch die Lüfte zu reisen: Das erinnert an Urlaub in den Bergen. Seilbahnen wirken wie eine alpenfrische Alternative zu den abgedroschenen Massenverkehrsoptionen Bahn und Bus. Nicht zuletzt stören die feschen Kabinenbahnen den Autoverkehr nicht. Kein Wunder, dass es Lobbyisten immer wieder gelingt, das Thema in die Diskussion zu bringen – was angesichts stagnierender Nachfrage in Berggebieten für die Hersteller auch nötig ist.
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Dabei würden Seilbahnen in Berlin kein Verkehrsproblem lösen. Für die bisher vorgeschlagenen Verbindungen, etwa über Havel und Dahme hinweg, wäre selbst mit dem größten Optimismus kein Verkehrsaufkommen zu erwarten, das die Investition und den Streit mit Anwohnern, die sich gegen Blicke in ihre Gärten auflehnen werden, sowie Naturschützern rechtfertigen würden. Im vorbildlich vernetzten Berliner Nahverkehr wären sie stark defizitäre Fremdkörper, die aufwändige Zugangsbauten mit Aufzügen und wahrscheinlich auch Personal erfordern würden. Spätabends in einer geschlossenen Kabine mit unbekannten Fremden minutenlang eingesperrt zu sein – das ist nicht jedermanns Sache.
Man kann über alles sprechen. Doch das Fazit steht fest: Berlin braucht keine Seilbahnen.