Paradies in Rüsselsheim: Warum es mich glücklich macht, Elefantenkot wegzuräumen

Unser Autor ist für ein paar Wochen Berlin entflohen und lebt gerade mit Elefanten in einem Naturpark im Norden Thailands. Vielleicht kommt er nie wieder zurück.

Gründerin Saengduean „Lek“ Chailert inmitten ihrer Dickhäuter in der Nähe von Chiang Mai, Thailand.
Gründerin Saengduean „Lek“ Chailert inmitten ihrer Dickhäuter in der Nähe von Chiang Mai, Thailand.KWAKU ALSTON

Immer muss der Elefant herhalten. Für blöde Sprüche über Ungeschicklichkeit in Porzellanläden, im Zirkus Männchen machen. In Thailand, wo diese als stark gefährdet geltenden Tiere u.a. heimisch sind – noch –, müssen sie Touristen durch die Gegend schleppen oder die immer gleichen Bilder malen. Oder als Arbeitstiere schwere Baumstämme aus dem Wald schleppen. Tag für Tag wird aus den Tieren selbst bei sengender Hitze der letzte Funke Arbeitskraft herausgepresst, sie werden geschunden und gequält. Die Folge: Sie sind fürs Leben traumatisiert.

Jene, die Glück haben – aktuell sind es rund 110 –, landen irgendwann in Rüsselsheim. Rüsselsheim liegt im Norden von Thailand, außerhalb der Großstadt Chiang Mai. Offiziell heißt dieser Ort Elephant Nature Park (ENP): ein riesiger Park, in dem Elefanten neben Wasserbüffeln, Hunden, Katzen und anderen Tieren friedlich und in relativer Freiheit leben können. Sie werden nicht angekettet, nicht geschlagen und verbringen nur die Nacht im Stall.

Letztes Jahr war ich das erste Mal im Elephant Nature Park und habe als Volunteer gearbeitet. Danach schwor ich mir: Ich komme wieder. Nicht nur, um dem grauen Berliner Winter zu entgehen: Ein Aufenthalt im Park ist wie eine Thai-Massage von innen. Der Frieden der Rüsseltiere hier wird auch zu meinem Frieden.

Kriss Rudolph über die Elefanten: „Der Frieden der Rüsseltiere hier wird auch zu meinem Frieden.“
Kriss Rudolph über die Elefanten: „Der Frieden der Rüsseltiere hier wird auch zu meinem Frieden.“KWAKU ALSTON

Nun bin ich wieder bei den Elefanten. Zusammen mit anderen Volunteers schrubbe ich ihre Wassertröge, helfe, ihr Essen zuzubereiten (alles rein pflanzlich), und sammle das, was nach dem Essen hinten wieder rauskommt, mit Schaufel und Schubkarre ein. Ich bezahle dafür, Elefanten hinterherzuputzen. Und es macht mich glücklich. Für Burnout-Geschädigte dringend zu empfehlen!

Vor wenigen Jahren noch ging man mit den Dickhäutern im Fluss schwimmen, fütterte sie von Hand. Das ist vorbei, und das ist auch gut so. Die Tiere hier sollen so natürlich wie möglich leben. Dazu gehört: Wer im Park lebt, schleicht sich nicht bei Sonnenaufgang in den Stall, um zwischen den bis zu fünf Tonnen schweren Tieren Yoga zu machen. Alles schon passiert. Das ist nicht Tierliebe, das ist bescheuert.

Geführt wird der Park, wunderschön eingerahmt von den Bergen Nordthailands, von seiner Gründerin Saengduean „Lek“ Chailert: 1962 als Kind einer armen Bergdorffamilie geboren, kämpft sie unermüdlich für das Wohl und das Überleben des größten Landsäugetiers Asiens. In Laos und Kambodscha hat sie ähnliche Projekte initiiert.

Die Elefantenflüsterin: Saengduean Chailert.
Die Elefantenflüsterin: Saengduean Chailert.KWAKU ALSTON

International wird sie als „Elefantenflüsterin“ bewundert; gerade ehrte Frankreichs Präsident Macron sie mit dem Verdienstorden der Ehrenlegion. Im eigenen Land wurde sie lange angefeindet, erst langsam findet sie Gehör. Doch auf Gesetze, die das Schlagen und Schinden von Elefanten verbieten, wartet man noch immer vergeblich. Die Gründe, so klagt man hier im Park: Korruption und eine Tourismusbranche, die sich nicht um das Schicksal der Elefanten schert.

Dazu kommt das anhaltende Bevölkerungswachstum: Immer mehr Menschen beanspruchen immer mehr Lebensraum. Wenn wir nicht endlich umsteuern, wird es traurig enden: Dann wird es in Thailand vielleicht schon Mitte dieses Jahrhunderts keine Elefantenkacke mehr geben, die man wegräumen könnte.