Tödliche Polizeischüsse in Berlin-Hohenschönhausen: Gewerkschafter fordert schnelle Taser-Ausbildung

Berlin - Einen Tag nach tödlichen Polizeischüssen auf einen 25-jährigen Mann in Hohenschönhausen sind die Ermittlungen der Mordkommission in vollem Gange. Die Fahnder wollen jetzt vor allem klären, ob der Schusswaffengebrauch gerechtfertigt oder unnötig war. Mittlerweile wurde bekannt, dass drei Polizisten im Flur der Wohnung des Mannes in der Ribnitzer Straße gleichzeitig aus ihren Dienstpistolen geschossen haben.

Suizid angekündigt

So etwas könne man nicht planen, hieß es am Mittwoch aus Kreisen der Einsatzhundertschaften. Wenn ein Polizist schieße, trage er allein die Verantwortung für seine Entscheidung. „Dass drei Kollegen die gleiche Option wählten, zeigt die Ausnahmesituation, in der sie sich befanden“, sagte Steve Feldmann, Vorstandsmitglied des Landesverbandes der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Bei dem Einsatz am Dienstagabend hat, wie berichtet, ein verwirrt wirkender Mann gedroht, anderen Menschen Gewalt anzutun und sich umzubringen. Er ging mit einem Messer auf die Beamten los.

Mittlerweile gibt es neue Details zum Tatverlauf. Demnach hatte der 25 Jahre alte Daniel Sch. vor einiger Zeit seinen Nachbarn angekündigt, sich das Leben zu nehmen. Am Dienstagnachmittag schrie er in seiner Wohnung, berichteten Nachbarn. Dann wählte er den Notruf der Feuerwehr und kündigte seinen Suizid an. Die Rettungsmannschaft alarmierte gleichzeitig die Polizei. Eine Streife versuchte Daniel Sch. vom Hausflur aus zu beruhigen. Das gelang nicht, aber sie konnte den Türspion ausbauen.

Dabei wurde beobachtet, dass der 25-Jährige sich bereits mit dem Messer am Arm verletzt hatte. Eine Einsatzhundertschaft wurde gerufen und ein Durchsuchungsbefehl beantragt. Den lehnte ein Richter jedoch ab. Die Polizisten entschieden sich dennoch, die Tür zu öffnen, wegen Gefahr im Verzug. Als sie den Flur betraten, stürmte Daniel Sch. auf sie zu. Dann fielen die tödlichen Schüsse. Das Motiv von Daniel Sch. kennt die Polizei noch nicht. Er habe häufig verwirrt gewirkt, sagten Nachbarn am Mittwoch. Die Polizei habe stundenlang versucht den Mieter zu beruhigen. Immer wieder habe er geschrien.

Der Einsatz hat polizeiintern die Diskussion um den Einsatz von Elektroschockwaffen, die sogenannten Taser, neu angeheizt. Ihr Einsatz war vom ehemaligen Innensenator Frank Henkel (CDU) forciert worden. Mittlerweile verfügt die Polizei über die Schockwaffen. Doch sie können noch nicht eingesetzt werden, weil die Beamten nicht daran ausgebildet worden sind. Bodo Pfalzgraf, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPoLG) forderte, die Ausbildung sofort zu beginnen.

Gesetzliche Lücke

Fachleute sagen, es gebe eine gesetzliche Lücke, die die Anwendung von Tasern verhindert. Sie müssten im Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges (UZwG), das den Schusswaffengebrauch für Polizisten regelt, als zusätzliches Hilfsmittel für körperliche Gewalt verankert werden. Das ist bislang noch nicht geschehen. Nur wenn das erfolgt, kann die Lücke zwischen Pfefferspray und Schusswaffe geschlossen werden.

In Berlin verfügen nur die Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) über Elktroschockwaffen. Sie werden dort seit Jahren getestet und genutzt. Die Spezialisten waren jedoch am Dienstag nicht verfügbar. Sie waren bei der Razzia gegen Islamisten eingesetzt.