Trixi-Spiegel an Ampeln: Können sie das Fahrradfahren sicherer machen?

Können Spiegel Berliner Kreuzungen sicherer machen? Nach dem tödlichen Rechtsabbiegeunfall in Spandau, bei dem am Mittwoch ein achtjähriger Radfahrer von einem Lkw überrollt wurde, lebt die Diskussion wieder auf. „Wir brauchen ein Bündel von Maßnahmen, um die Sicherheit zu erhöhen. Spiegel könnten dazu gehören“, sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Harald Moritz am Freitag. „Wir werden alles prüfen, was solche entsetzlichen Unfälle verhindern kann“, entgegnete die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne). „Es muss alles unternommen werden, um unsere Straßen sicherer zu machen.“

Das Unglück an der Kreuzung Nauener Straße/Brunsbütteler Damm in Spandau war der zweite tödliche Abbiegeunfall in Berlin in diesem Jahr. Der erste ereignete sich im Januar in der Hauptstraße in Schöneberg. In Deutschland gab es 2018 nun schon 21 tödliche Kollisionen dieser Art, so der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club. Dabei starben unter anderem fünf Kinder.

Die einzige Möglichkeit

In Spandau hat der Lkw-Fahrer hat den Jungen auf dem Fahrrad offenbar nicht gesehen. Hätte ein Ampel-Spiegel den tödlichen Unfall verhindert? In Freiburg, wo es 180 solcher Spiegel gibt, wurde festgestellt, dass die Zahl der Tote-Winkel-Unfälle sank. Auch Städte in der Schweiz berichten von positiven Auswirkungen.

„Im März 2013 begann Münster als erste Stadt in Deutschland einen Test mit einem in die Ampel integrierten Spiegel“, berichtete Sigrid Howest vom städtischen Presseamt. Dort handelt es sich um niederländische „Black Spot Mirrors“, die wie ein viertes Ampellicht anmuten. Aktuell seien rund 135 Spiegel an Unfallhäufungsstellen angebracht, hieß es. Für Herbst erwartet die Stadt die Publikation einer Masterarbeit, die belastbare Daten enthält, ob solche Spiegel die Zahl der Unfälle verändern. Derzeit scheinen Ampelspiegel das einzige zu sein, was Städte unternehmen können, um Kreuzungen sicherer zu machen, sagte Howest.

Kreuzungen „blind“ anfahren

Auch in Berlin sind Ampel-Spiegel nicht unbekannt, hier hingen sie allerdings neben oder unter den Lichtern. 1996 und 1997 wurden an mehreren Kreuzungen Trixi-Spiegel montiert – runde Parabolspiegel aus widerstandsfähigem Kunststoff, die den rechten Straßenrand ins Blickfeld rückten. Trixi ist der Kosename von Beatrix Willburger, die 1994 in Bayern mit 13 Jahren von einem rechts abbiegenden Betonmischer schwer verletzt wurde. Ihr Vater Ulrich Willburger entwickelte den Spiegel, nachdem er festgestellt hatte, dass Lkw- und Busfahrer an Kreuzungen ihre nähere Umgebung nicht sehen – und mehr oder weniger „blind“ anfahren müssen.

Gerd Bretschneider, Geschäftsführer der Fuhrgewerbe-Innung Berlin, kann sich an die Versuche mit den Trixi-Spiegeln erinnern: „Wenn ich mich richtig erinnere, hängt einer dieser Spiegel sogar noch“ – am Knotenpunkt Spandauer Damm/ Reichsstraße in Charlottenburg. Damals stellte der Verband umgerechnet rund 5000 Euro bereit und überzeugte den Senat, Trixi-Spiegel in Berlin zu erproben. Danach zog die Innung eine mehrheitlich positive Bilanz. So hätten bei einer Umfrage von rund tausend Lkw- und Busfahrern 89 Prozent die Ansicht vertreten, dass die nach außen gewölbten Spiegel die Sicherheit erhöhen.

„Trügerische Sicherheit“

Doch der Senat entschied sich dagegen, in ganz Berlin solche Spiegel anbringen zu lassen. Die Zahl der Unfälle sei nicht wesentlich gesunken, und es bestünde die Gefahr, dass Fahrer geblendet werden, hieß es. Die Behörden scheuten auch den Aufwand und die Kosten, nachdem Ampellieferant Siemens für Wartung und Reinigung rund 150 Euro pro Spiegel und Jahr verlangt hatte. Ein Trixi-Spiegel kostet 100 bis 400 Euro.

„Für Kraftfahrer kann er eine sinnvolle Ergänzung sein“, sagt Bretschneider heute. „Das funktioniert aber nur, bevor in den Kreuzungsbereich eingefahren wird.“ Befindet sich der Ampelmast hinter dem Lkw, kann der Spiegel nicht helfen. Außerdem zeige er ein verzerrtes Bild, so dass der Fahrer genau hinschauen muss. Wenn der Spiegel hoch hängt, nützt er nichts, wenn der Fahrer tiefer sitzt – etwa in einem Lieferwagen oder Bus. Unterm Strich bestehe die Gefahr, dass er nur eine „trügerische Sicherheit“ bietet.

Harald Moritz ist skeptisch, ob es sinnvoll ist, „ganz Berlin mit Spiegeln zuzupflastern“. Doch angesichts des jüngsten Unfalls müsste der Senat alle Optionen prüfen – auch diese.