Berlin-Nun ist es amtlich: Trotz der Blitzer-Entscheidung, die das Bundesverfassungsgericht Ende des vergangenen Jahres gefällt hat, bleiben alle Tempomessgeräte in der Region in Betrieb. Das gilt nicht nur für die Blitzer in Berlin, sondern auch für die im Land Brandenburg. Anders als von manchen Kraftfahrern erhofft wird kein Gerät abgeschaltet.
„Die verfügbaren Messsysteme werden weiterhin vollumfänglich in der täglichen Geschwindigkeitsüberwachung eingesetzt“, sagte ein Sprecher der Berliner Innenverwaltung. „Das Verfahren genügte schon vor dem Urteil den jetzt festgelegten rechtlichen Grundsätzen“, so Andreas Carl aus dem Brandenburger Innenministerium.
Die Karlsruher Richter hatten mit ihrer Entscheidung vom 12. November bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Verfassungsbeschwerde eines Autofahrers, der in Franken rund 30 Kilometer pro Stunde zu schnell gefahren und dabei geblitzt worden war, hatte Erfolg. Der Mann wollte im Bußgeldverfahren Daten einsehen – und zwar die „gesamte Verfahrensakte, die Lebensakte des Messgerätes, die Bedienungsanleitung des Herstellers, die Rohmessdaten der gegenständlichen Messung und den Eichschein des verwendeten Messgerätes“, wie es hieß. Doch die Messdateien, die auch als Rohmessdaten bezeichnet werden, bekam er nicht ausgehändigt. Ein Amtsgericht verurteilte den Autofahrer zu einer Geldbuße und einem einmonatigen Fahrverbot, das Oberlandesgericht Bamberg verwarf seine Beschwerde.
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Doch die Gerichtsentscheidungen verletzten sein Recht auf ein faires Verfahren, entschied das Bundesverfassungsgericht. „Ermittelt der Betroffene konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses, hat das Gericht zu entscheiden, ob es sich – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen – dennoch von dem Geschwindigkeitsverstoß überzeugen kann“, so die dritte Kammer des Zweiten Senats (Aktenzeichen 2 BvR 1616/18).
Was sich der Autofahrer aus Franken erst vor Gericht erstreiten musste, ist in der Hauptstadt-Region bereits Realität, teilten die zuständigen Ressorts mit. Die Brandenburger Blitzer speichern sämtliche Rohmessdaten, hieß es im Innenministerium. Betroffene und deren Rechtsvertreter können bei der Zentralen Bußgeldstelle Einsicht nehmen, in Potsdam und Gransee.
„Liegen der Bußgeldstelle der Polizei Berlin Rohmessdaten im konkreten Einzelfall vor, werden diese der Verteidigung im Rahmen der Akteneinsicht und auf Anfrage zugänglich gemacht“, berichtete die Berliner Innenverwaltung. Das setze allerdings voraus, dass der Blitzer die Daten speichert. Das Bundesverfassungsgericht habe sich nicht mit der Frage befasst, ob es verfassungsrechtlich geboten sei, stets auch die Rohmessdaten zu erheben, so der Sprecher.