Tunnel und Sicherheitszone am Reichstag: Wollen wir das wirklich?

Es geht nicht nur um Toiletten am falschen Ort. Berlin muss darüber diskutieren, inwieweit Sicherheitsdenken die Stadtplanung bestimmen darf.

Bald mit Sicherheitsbereich: die Westseite des Reichstagsgebäudes.
Bald mit Sicherheitsbereich: die Westseite des Reichstagsgebäudes.Wendling, Goldelse Verlag

Oh ja, es stimmt natürlich: Die öffentlichen Toiletten, die direkt vor dem geplanten Besucher- und Informationszentrum des Bundestags (BIZ) im Parlamentsviertel entstehen sollen, sind wirklich keine Zierde. Sie passen so gar nicht vor ein Haus, in dem künftig alle Besucher des Reichstagsgebäudes empfangen werden sollen, bevor sie sich einer Sicherheitskontrolle unterziehen und durch einen Tunnel in Richtung Parlament laufen. Gut also, dass das Baukollegium, das Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt in architektonischen Fragen berät, auf eine Korrektur der Pläne dringt.

Das eigentliche Problem im Parlamentsviertel übertrifft die Größe einer öffentlichen Toilettenanlage im Zugangsbereich des Bundestags-Besucherzentrums aber um ein Vielfaches. Das eigentliche Problem ist die gesamte Planung rund um das Besucherzentrum. Die Planung folgt einem Sicherheitsdenken, das in seiner Logik zu massiven städtebaulichen Eingriffen im Parlamentsviertel und zu einem kaum zu kalkulierenden Kostenrisiko führt.

Debatte ist nötig

So ist geplant, dass die Besucher des Reichstags nach der Sicherheitskontrolle im BIZ durch einen unterirdischen Tunnel bis vor das Westportal des Reichstagsgebäudes gelangen. Um zu verhindern, dass sich unter die kontrollierten Besucher andere, nicht kontrollierte Personen mischen, soll eine große Fläche westlich des Reichstagsgebäudes zum Sicherheitsgebiet erklärt werden. Abgeschirmt von zwei 55 Meter langen und 2,5 Meter hohen Zäunen sowie einem Graben, der quer über den Platz der Republik verlaufen soll. Er soll zehn Meter breit werden und über eine Böschung eine Tiefe von bis zu 2,5 Metern erreichen.

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So sieht es aus, wenn Sicherheitsbedenken die Stadtplanung bestimmen. Die bittere Wahrheit ist allerdings, dass die Sicherheitsbedenken begründet sind. Nur muss sich die Stadtgesellschaft fragen, inwieweit sie bereit ist, solche massiven städtebaulichen Eingriffe hinzunehmen. Das muss diskutiert werden – bevor der Bau beginnt.