Umplanung am Alexanderplatz: Gespräche des Baukollegiums sollen geheim bleiben

Senatsbaudirektorin Kahlfeldt lehnt eine Auskunft über die nichtöffentliche Beratung zum Hochhaus des Investors Hines ab. Die geplanten Änderungen sind brisant.

Der preisgekrönte Entwurf des Architekten Frank O. Gehry für das geplante Hochhaus von Hines am Alexanderplatz
Der preisgekrönte Entwurf des Architekten Frank O. Gehry für das geplante Hochhaus von Hines am AlexanderplatzGehry Partners

Der US-Investor Hines will seine Pläne für ein Hochhaus auf dem Alexanderplatz ändern, doch die dazu geführten Gespräche im Baukollegium des Senats werden als Geheimsache behandelt – nicht mal Parlamentarier, deren Aufgabe die Kontrolle der Regierung ist, bekommen eine Auskunft. Das geht aus der Antwort von Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Julian Schwarze und Alexander Kaas Elias hervor, die der Berliner Zeitung vorliegt.

Die Sitzungen des Baukollegiums seien zwar „in der Regel öffentlich“, doch sehe die Geschäftsordnung „auch die interne Beratung“ des Gremiums vor, „welche der Erarbeitung einer gemeinsam getragenen Empfehlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit und in der Regel unter Ausschluss der Vorhabenträger dient“, heißt es in der Antwort der Senatsbaudirektorin.

Das Baukollegium habe „entschieden, den Tagesordnungspunkt ,Hochhaus Alexanderplatz Baufeld D4‘ am 26.09.2022 intern und nicht öffentlich zu beraten“, so Kahlfeldt. „Gemäß Paragraf 9 der Geschäftsordnung“ seien die Mitglieder des Gremiums und die sonstigen Sitzungsteilnehmer „zur Geheimhaltung über die nichtöffentlichen Beratungen verpflichtet“, so Kahlfeldt. Deshalb könne zu der Frage der Abgeordneten nach dem Inhalt der Beratung „hier keine Auskunft gegeben werden“. Kann also die Geschäftsordnung des Baukollegiums das in der Berliner Landesverfassung garantierte Fragerecht der Abgeordneten einschränken?

Grünen-Abgeordneter fordert Transparenz

Der Grünen-Abgeordnete Julian Schwarze, Sprecher für Stadtentwicklung, übt Kritik. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Senatsbaudirektorin Kahlfeldt dem Parlament Informationen vorenthält“, sagt er. Es stelle sich die Frage, welche Inhalte aus der Geheimsitzung des Baukollegiums zum Hines-Vorhaben die Berliner nicht erfahren sollen. „Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu wissen, was an einem so zentralen Platz der Stadt geplant und verhandelt wird“, sagt Schwarze. „Es muss Schluss damit sein, wichtige stadtentwicklungspolitische Fragen hinter verschlossener Tür zu entscheiden.“

Das Signa-Vorhaben am Kudamm habe gezeigt, dass die Empfehlungen des Baukollegiums sehr wohl eine Rolle für den Planungsprozess spielen und Grundlagen bilden. Für das Areal von Karstadt am Kurfürstendamm seien „nach einer Geheimsitzung die Höhen der Hochhäuser nach oben geschraubt“ worden.

Die Umplanung für den Hines-Turm ist politisch brisant. Denn Hines, im Behördendeutsch der „Vorhabenträger“, plant „eine Reduzierung des Wohnanteils zugunsten von mehr Bürofläche“, wie aus der Antwort der Senatsbaudirektorin hervorgeht. Durch diese Änderung werde „aus Sicht des Vorhabenträgers eine Überarbeitung der Entwürfe der ersten drei Preisträger des 2014 entschiedenen Architekturwettbewerbs“ nötig.

Zum Sieger in dem Wettbewerb wurde damals der US-Architekt Frank O. Gehry gekürt, Platz zwei belegte das Architekturbüro Kleihues und Kleihues, auf Rang drei kam das Büro Barkow Leibinger. Die Ankündigung, dass alle drei Büros ihre Entwürfe überarbeiten sollen, weist darauf hin, dass offenbar noch offen ist, nach welchem Entwurf der Turm am Ende gebaut werden soll.

Die Höhe des geplanten Turms steht noch nicht fest

Der Wegfall von Wohnungen zugunsten von mehr Bürofläche bleibt möglicherweise nicht die einzige Änderung. Ziel der Planung sei zwar „nach wie vor die Errichtung eines Hochhausturms“, doch dessen Höhe sei „noch nicht abschließend verbindlich festgelegt“ worden, heißt es in der Antwort der Senatsbaudirektorin.

Die preisgekrönten Entwürfe sahen jeweils den Bau eines 150 Meter hohen Turms vor. Doch zwischenzeitlich wurden zwei andere Hochhausprojekte am Alex – das Vorhaben von Covivio neben dem Hotel Park Inn und das Projekt von Signa neben der Galeria – auf eine Höhe von etwa 130 Meter gestutzt. Drängt das Baukollegium nun auch auf eine Reduzierung des Hines-Turms auf 130 Meter? Das bleibt offen. Von den im Bau befindlichen drei Hochhäusern am Alex soll bislang nur das Hochhaus des Investors Monarch 150 Meter in den Himmel ragen. 

Der Grünen-Abgeordnete Schwarze ist alarmiert. „Laut Aussage der Senatsbaudirektorin ist am Alexanderplatz die Höhe des Hines-Turms noch nicht abschließend festgelegt, das lässt hellhörig werden“, sagt er. „Der Wunsch des Investors, weniger Wohnungen und dafür mehr Bürofläche zu bauen, ist nicht nachvollziehbar“, kritisiert Schwarze. Statt einer Reduzierung wäre ein höherer Wohnanteil richtig. „Ebenso muss geklärt werden, wie mit den Ergebnissen des Architekturwettbewerbs umgegangen und welcher Entwurf umgesetzt werden soll“, sagt der Grünen-Abgeordnete.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben wegen des geplanten Hochhauses von Hines schon früh auf Sicherheitsvorkehrungen für den U-Bahn-Betrieb gedrängt. Lange bevor der U-Bahn-Betrieb auf der Linie U2 infolge von Bauarbeiten für das Hochhaus des Investors Covivio eingeschränkt wurde, verständigte sich die BVG mit Hines in einer Grundsatzvereinbarung auf eine Sanierung des U-Bahn-Tunnels der Linie U5, die im Bereich des geplanten Turms verläuft.

Berliner Verkehrsbetriebe fordern strenge Vorgaben für Bauprojekte

Bei planmäßigen Stilllegungen des U-Bahn-Betriebs oder bei verlängerten Betriebspausen verpflichtet sich der Investor zudem „zur Kostenerstattung“, insbesondere im Hinblick auf den Schienenersatzverkehr. Die Folgen von unplanmäßigen Stilllegungen des U-Bahn-Betriebs sind über „einen pauschalierten Satz“, der zwischen Investor und BVG festgelegt wurde, zu entschädigen, heißt es. Eine Entschädigung der BVG-Kunden ist nicht vorgesehen.

Die BVG fordert generell strenge Regelungen für alle Bauvorhaben. Zum Schutz der BVG-Anlagen sei es wichtig, entweder im vorgeschalteten Bebauungsplanverfahren oder spätestens im Baugenehmigungsverfahren die Auflage zu erteilen, vor dem Baubeginn eine nachbarschaftliche Vereinbarung zwischen BVG und Projektentwickler/Grundstückseigentümer abzuschließen. „Idealerweise“ sollte dies in der Berliner Bauordnung verankert werden.

Der Grünen-Abgeordnete Alexander Kaas Elias, Sprecher für Verkehrspolitik, warnt: „Nach den Erfahrungen mit dem Covivio-Hochhaus und den verursachten Schäden an der U2 muss sichergestellt sein, dass es zu keinerlei Beschädigungen und Einschränkungen des U-Bahn-Verkehrs durch Neubauten kommt.“ Ansonsten dürfe kein Baurecht erteilt werden.