Umweltschutz: Zurück zur Natur
Potsdam - Manchmal ist das Tier doch noch mächtiger als der Mensch. Zwar stehen Schreiadler in Deutschland auf der Roten Liste der gefährdeten Arten und sind auch in Brandenburg bedroht. Doch in der Uckermark blockieren die Greifvögel – oder besser gesagt ihre menschlichen Beschützer – seit Jahren den Ausbau des Radfernwegs Berlin-Usedom. Der führt zwischen Stegelitz und Steinhöfel sehr nah an den Brutstätten der Schreiadler vorbei. Und die dürfen nicht gestört werden bei der Aufzucht ihrer ohnehin zu seltenen Küken.
Axel Steffen erzählt von diesem Fall aus dem Norden des Landes, um den Konflikt zwischen Naturschutz und anderen Interessen wie Tourismus, Firmenansiedlung oder Energiegewinnung zu verdeutlichen. Steffen ist Abteilungsleiter im Potsdamer Umweltministerium und damit zuständig für den Schutz bedrohter Arten. Im Ressort von Ministerin Anita Tack (Linkspartei) ist er sozusagen der Mann für Schreiadler, Ölkäfer oder Adonisröschen.
Als Beschützer bedrohter Arten hätte Steffen allen Grund, düster in die Zukunft zu blicken. Denn die globalen wie regionalen Versuche, den Schwund der biologischen Vielfalt auch nur aufzuhalten, haben bislang wenig gefruchtet. Auch in Brandenburg sei jede zweite heimische Pflanzen- und Tierart mehr oder minder gefährdet, so der 51-Jährige. Jede zehnte Art ist akut vom Aussterben bedroht. Fast allen Amphibien geht es schlecht und vielen Pflanzen, die im Moor oder in der Trockenheide wachsen. „Und die Tendenz ist weiterhin steigend“, sagt Steffen. Nur sieht er dabei nicht sonderlich pessimistisch aus.
Zugesagtes Geld gestrichen
Das mag daran liegen, dass es auch ein paar Erfolgsgeschichten gibt. Von den Seeadlern, vor drei Jahrzehnten nahezu ausgerottet, brüten inzwischen mehr als 150 Pärchen in Brandenburg – obwohl die giftige Bleimunition, an der schon etliche der großen Greifvögel verendet sind, noch immer nicht umfassend verboten ist. Erholt haben sich auch die Bestände der Mopsfledermaus und des Wanderfalken, berichtet Steffen, der von Haus aus Jurist ist.
Vielleicht rührt seine Ruhe aber auch daher, dass das Ministerium die Bemühungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt verstärken will. Bis Sommer 2012 werde ein Maßnahmenprogramm erarbeitet, sagt Ministerin Tack. So soll ein landesweiter Biotop-Verbund die Lebensräume gefährdeter Arten untereinander vernetzen. Die Ministerin will mehr Gewässer in ihren natürlichen Zustand zurückversetzen, mehr Auengebiete schaffen – und durch Bildungsprojekte das Wissen über Umweltbelange verbessern. „Die Situation ist ernst“, sagt Tack. Noch gebe es in Brandenburg eine große Artenvielfalt, „aber es sind ernsthafte Anstrengungen notwendig, um das Aussterben zu stoppen.“
Dabei sieht sich die Umweltministerin zweierlei Widerständen gegenüber. Zum einen bremst der Bund, etwa in Gestalt von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Der habe eine Zusage, einige Grünbrücken für Tiere über Autobahnen zu finanzieren, aus Spargründen nicht eingelöst. Ihr Kollege im Bund, Umweltminister Norbert Röttgen (CDU), unterstütze sie zwar, sagt Tack, sei aber Ramsauer unterlegen.
Axel Steffen sagt, dass die Grünbrücken gerade im flachen Brandenburg entscheidend seien, um den Tieren ausreichenden Lebens- und Bewegungsraum zu geben, denn sie verbinden die Reviere, die durch unüberwindliche Autobahnen voneinander getrennt sind.