Endlich wieder zu Hause – die Berliner Zeitung und der Umzug

Zurück an den alten Standort am Alexanderplatz? Wirklich? Unsere Autorin war zunächst etwas skeptisch, als sie von den Plänen hörte. Dann kam alles anders.

Die Rotunde des Berliner Verlags am Alexanderplatz
Die Rotunde des Berliner Verlags am AlexanderplatzKay Herschelmann

Die Schlagzeile über diesem Text sollte ursprünglich heißen: „Es wird nie wieder, wie es vorher war“. Da war er aber noch nicht geschrieben. Jetzt ist er fertig. Er handelt vom Umzug des Berliner Verlags. Aus Kreuzberg zieht die Berliner Zeitung wieder an den Alexanderplatz in Mitte, dorthin, wo der Verlag jahrzehntelang zu Hause war. Ist mir doch egal, wo ich arbeite, hatte ich gedacht, als ich von dem Plan hörte. Ich zweifelte daran, dass eine Rückkehr ein Fortschritt sein kann.  

Karl-Liebknecht-Straße 29 also, nah am Alexanderplatz. Das Verlagshaus war mir von Oktober 1990 an eine glückliche Heimat gewesen.

Dieser riesige Alexanderplatz als Herz der Stadt! Die Menschen, Bahnen, Busse auf diesem Platz als Pulsschlag der Gegenwart! Die einzigartige Weltzeituhr! Mein erster Blick damals auf das große imposante Hochhaus mit der riesigen Rotunde. Die Aufschrift „Berliner Verlag“, die sich stolz fortdrehte. So cool! Meine Rührung, wenn ich morgens darauf zulief. Und doch: Die 27 Jahre dort waren sofort wie weggewischt, als wir vor sechs Jahren umzogen.

In Kreuzberg logierten wir elegant am Waldeckplatz

Still war es am abgelegenen Waldeckpark, die Aussicht in die Bäume im Sommer herrlich grün, das Umfeld interessant türkisch geprägt, Börek in vielen Varianten. Wir logierten elegant hinter bodentiefen Fenstern. Ich fühlte mich wohl.

Nach Bekanntgabe der Umzugsnachricht waren alle euphorisch, von Chefredaktion bis Leserschaft. Nur ich nicht. Es wird nie mehr wie früher, war mein ständiger Gedanke. Die Welt hat sich weitergedreht. Ich will nicht nach hinten schauen, nur nach vorne, die Gegenwart genießen. 

Um mich zu präparieren, konsultierte ich einen Fachmann fürs Seelische, den Psychologen Jürgen Hesse vom Büro für Berufsstrategie in Mitte. Wir sprachen über Abschiede und Neuanfänge. Er gab zu bedenken, dass „die Wiederbegegnung mit dem Gewesenen unsere eigene aktuelle Präsenz auf dieser Welt“ dokumentiere. In der Bilanz werde man sich seiner selbst bewusst, begreife auf eine besondere Art, was man in der Zwischenzeit alles erlebt hat. 

An gute und schlechte Zeiten in dem großen Haus erinnerte ich mich. An die Freude über Erfolge, den Kummer über Misserfolge, an schmerzhafte Abschiede von Kolleginnen und Kollegen. Heftige Gefühle. Jürgen Hesse sagte, man müsse Erinnerungen auch loslassen können.

Als ich mich vor ein paar Tagen dann dem Hochhaus testweise näherte, bemerkte ich, dass sich die Rotunde nicht mehr dreht. Das ließ mich kalt. Drinnen betrachtete ich die neuen schicken Büros; sie sehen gut aus, wie andere Büros auch.

Beim Weggehen spazierte ich ausgiebig über den Alexanderplatz. Und da überwältigte mich die Wucht des Ortes – so wie damals. Ich schaute zum Fernsehturm und dachte beruhigt und beglückt: Endlich wieder zu Hause, da gehören wir hin. Nur: Wie stellt man die Rotunde wieder an?