Urlaub zu Hause: Tipps für die Sommerferien in Berlin
Seit fast zwei Wochen sind Sommerferien – und immer mehr Menschen packen ihre Rucksäcke und Koffer. Wandern in Schweden, Zelten in der Bretagne oder Schnorcheln in Kroatien. Wer sich dieses Jahr keine große Reise vorgenommen hat, wird da leicht unsicher. Muss man eigentlich in die Ferne schweifen?
„Urlaub kann man fast immer und überall machen“, sagt Peter Walschburger, Psychologie-Professor an der Freien Universität (FU) Berlin. Besonders wichtig sei es, diese Zeit selbstbestimmt zu erleben und sich von der Belastung durch den Arbeitsalltag zu erholen. Und das sei gerade in einer Stadt wie Berlin mit ihren vielen Natur-, Sport- und Kulturangeboten leicht möglich. Allerdings gibt es aus seiner Sicht einiges zu beachten, um möglichst viel aus dieser Zeit zu machen.
Raus aus dem Trott
Ein wichtiger Aspekt der Urlaubszeit ist nämlich, aus dem Alltagstrott herauszukommen und sich für andere Dinge zu öffnen. „Eine Ortsveränderung ist dabei natürlich eine wichtige Hilfe“, sagt Walschburger. Wer in seiner gewohnten Umgebung bleibe, laufe Gefahr, seine üblichen Gewohnheiten beizubehalten. Manche verbringen dann viel Zeit vor dem Fernseher, andere können die Hausarbeit nicht beiseite schieben – sie kochen, räumen und putzen.
„Wer zu Hause Urlaub macht, sollte versuchen, sich von diesen alltäglichen Bedingungen freizumachen“, sagt Walschburger. Das Wunderbare an der freien Zeit sei schließlich, dass man endlich machen kann, was man selbst will – dass man nicht mehr wie im Arbeitsleben fremdbestimmt sei.
Im Urlaub, sagt der Psychologe, geht es vor allem darum Dinge zu machen, die einem guttun. Wichtig für jeden Menschen sei es dabei, seine Grundbedürfnisse zu befriedigen. Dazu gehören soziale Aktivitäten verschiedenster Art: mit Freunden zusammen sein, mit der Familie etwas unternehmen, aber auch Sex und Erotik in der Partnerschaft. „Erst jenseits des Korsetts der Arbeitswelt finden viele genügend Zeit, ihre sozialen Bedürfnisse zu befriedigen. Das geht natürlich genauso gut daheim“, sagt Walschburger.
„Gemeinsam aktiv sein in der Natur“
Viele Menschen hätten auch ein spirituelles Bedürfnis, das mit der Suche nach Sinn und Erkenntnis, vielleicht auch nach esoterischen Erlebnissen verbunden sei. Wer sich im Urlaub in dieser Hinsicht selbst verwirklichen möchte, könne sich etwa in gute Literatur vertiefen oder sich von Ausstellungen oder Filmen anregen lassen.
Auch ein naturnahes Leben zählt zu den Grundbedürfnissen der meisten Menschen, sagt Walschburger. Es kommt im Arbeits- und Schulalltag meist zu kurz. „Gemeinsam aktiv sein in der Natur“, sagt Walschburger, „das ist ein gutes Freizeitmotto und geradezu ein Prototyp heutiger Freizeitkultur.“
Die Möglichkeiten dazu seien in Berlin mit seinen ausgedehnten Grün- und Wasserflächen und seinem abwechslungsreichen Umland besonders groß. „Sport treiben, Wandern, Radfahren, Schwimmen, das lässt sich auch von zu Hause aus gut machen.“ Gerade jüngere Menschen suchen in ihrer Freizeit oft auch Kicks und Abenteuer. Dazu könnte man in die Alpen fahren, um dort einen Viertausender zu erklimmen. „Man findet aber auch hier genügend Herausforderungen. So können etwa besonders Übermütige beim Bungee-Jumping oder House-Running ihr Mütchen kühlen“, meint Walschburger.
Vor allem: selbstbestimmt
Letztendlich kommt es für jeden Einzelnen darauf an herauszufinden, welche Bedürfnisse, Aktivitäten und Ziele im Alltag bislang zu kurz gekommen sind. Einige Menschen wüssten genau, was sie im Urlaub brauchen. Vielen falle es aber schwer, selbst aktiv zu werden. Das seien diejenigen, die in den Ferien den ganzen Tag am Strand liegen und sich im Hotel von bezahlten Animateuren bei Laune halten lassen, um ihre Langeweile zu verscheuchen.
„Viel besser ist es, sich selbst zu animieren“, sagt Walschburger. Selbstbestimmung laute das Zauberwort. Im Grunde stecke in jedem Menschen ein Antrieb, sich auszuprobieren und die eigenen Möglichkeiten und Grenzen zu erkunden. „Oft ist dieser Drang aber verschüttet, besonders bei denjenigen, die in ihrem Arbeitsalltag massiv fremdbestimmt sind.“
Wichtig sei es, sich für den Urlaub Dinge zu überlegen, die man schon immer tun wollte. Wer sich für Neues öffne, könne eine besonders erfüllende Zeit verbringen – in Berlin genauso wie in der Bretagne oder in Barcelona.