US-Sender brechen Übertragung von Trumps Pressekonferenz ab

Trump beansprucht erneut Wahlsieg für sich und spricht von „illegalen“ Stimmen. Selbst aus den eigenen Reihen erntet der Präsident dafür scharfe Kritik. 

Unterstützer von Donald Trump demonstrieren in Nevada.
Unterstützer von Donald Trump demonstrieren in Nevada.AFP/Ronda Churchill

Washington-US-Präsident Donald Trump hat sich nach seiner Pressekonferenz im Weißen Haus scharfe Kritik von Mitgliedern seiner Partei eingehandelt. „Es gibt keine Rechtfertigung für die Äußerungen des Präsidenten heute Abend, die unseren demokratischen Prozess untergraben“, schrieb der republikanische Gouverneur von Maryland, Larry Hogan, am Donnerstagabend (Ortszeit) auf Twitter.

Donald Trump hatte bei seinem Auftritt im Presseraum des Weißen Hauses erneut den Sieg bei der Präsidentschaftswahl für sich beansprucht und versucht, mit Betrugsvorwürfen Zweifel am Wahlprozess zu schüren. Der Republikaner warf den oppositionellen Demokraten am Donnerstagabend erneut vor, ihm die Wahl „stehlen“ zu wollen: „Wenn man die legalen Stimmen zählt, gewinne ich mit Leichtigkeit. Wenn man die illegalen Stimmen zählt, können sie versuchen, uns die Wahl zu stehlen.“ Allerdings legte Trump keinerlei Belege für seine Betrugsvorwürfe vor. Mehrere Fernsehsender unterbrachen die Live-Übertragung nach kurzer Zeit, als erstes der Sender MSNBC, der die Notwendigkeit anführte, Falschaussagen des Präsidenten richtigzustellen. Trump selbst verließ den Raum nach etwas über einer Viertelstunde, ohne Fragen von Journalisten zu beantworten.

„Amerika zählt die Stimmen und wir müssen die Ergebnisse respektieren, wie wir es immer getan haben. Keine Wahl oder Person ist wichtiger als unsere Demokratie“, kommentierte Gouverneur Larry Hogan Trumps Auftritt. In einem Interview mit dem Sender PBS warf er Trump und dessen Lager vor, mit Warnungen vor der Briefwahl den Boden für das jetzige Vorgehen - das Anzweifeln der Ergebnisse - bereitet zu haben. Hogan ist der Vorsitzende der Nationalen Vereinigung der Gouverneure.

Der Kongressabgeordnete Adam Kinzinger forderte, für Betrugsvorwürfe Beweise vorzulegen und sie vor Gericht zu präsentieren. „Hören Sie auf, entlarvte Falschinformationen zu verbreiten... Das wird langsam verrückt“, schrieb er auf Twitter.

Der Präsident steht nach der Wahl vom Dienstag mit dem Rücken zur Wand: Er hat derzeit nur 214 der 270 für einen Sieg notwendigen Wahlleute beisammen. Sein Herausforderer Biden kommt nach jetzigem Stand auf mindestens 253 Wahlleute. Wird der Bundesstaat Arizona hinzugerechnet, in dem einige Medien Biden bereits zum Sieger ausgerufen haben, sind es 264.

Nur in einer Handvoll Bundesstaaten wurde bislang noch kein Sieger ausgerufen, weil die Rennen so eng sind. Dazu zählen Georgia, Pennsylvania und Nevada. In Georgia lag Trump lange vorn, zuletzt schrumpfte sein Vorsprung in dem eigentlich konservativ geprägten Bundesstaat auf weniger als 3500 Stimmen. Auch in Pennsylvania machte Biden Boden gut.

Der frühere Vizepräsident trat am Donnerstag ebenfalls vor die Presse. Er sagte dabei, er habe „keine Zweifel“, dass er nach Auszählung aller Stimmen die Wahl gewinnen werde. Nach Trumps Äußerungen schrieb Biden im Kurzbotschaftendienst Twitter: „Niemand wird uns unsere Demokratie wegnehmen.“

Trump hatte schon bei seinem ersten Auftritt nach der Präsidentschaftswahl in der Nacht zum Mittwoch den Wahlsieg für sich in Anspruch genommen. Er hatte außerdem juristische Schritte gegen die Auszählung von Stimmzetteln bis hin zum Obersten Gericht angekündigt. Sein Wahlkampfteam ging in mehreren Bundesstaaten bereits juristisch gegen die Auszählungen vor.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich besorgt, dass die Auseinandersetzung um die Wahlergebnisse in den USA eskalieren könnte, und übte unverhüllte Kritik an Trump. Die Losung „Sieg oder Wahlabbruch“ widerspreche dem Verständnis von einem fairen Wahlvorgang, sagte Maas den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben).

„Amerika ist mehr als eine One-Man-Show. Wer in so einer Situation weiter Öl ins Feuer gießt, der handelt selbst unverantwortlich“, betonte der Bundesaußenminister. „Anständige Verlierer sind für das Funktionieren einer Demokratie wichtiger als strahlende Sieger“, fügte Maas hinzu.