Auf den Vatertag! Warum ich lieber mit Männern zusammenarbeite

Ich glaube an Feminismus, Solidarität und Frauenpower. Aber Männer sind für mich die besseren Kollegen – und eigentlich auch die besseren Freunde. Ein Kommentar.

Eine Frau schreibt auf einem Flipchart in einem Meetingraum, während zwei Männer an einem Tisch sitzen (Symbolbild).
Eine Frau schreibt auf einem Flipchart in einem Meetingraum, während zwei Männer an einem Tisch sitzen (Symbolbild).dpa

Die #MeToo-Bewegung hat uns ohne Zweifel weitergebracht. Sie hat sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz als großes gesellschaftliches Problem anerkannt. Und damit hoffentlich weiteren schlimmen Fällen vorgebeugt.

Trotzdem habe ich den Eindruck, dass viele Frauen sich heutzutage nach wie vor nicht aus der Opferrolle befreien wollen. Sie messen ihre Talente und ihre Durchsetzungskraft an Männern – und glauben, sich vor einem Mann verteidigen zu müssen. Dabei sind wir Frauen schon autonom und müssen uns nicht immer mit Männern vergleichen. Und schon auf gar keinen Fall sollen wir aggressiv nach einer Frauendominanz trachten.

Denn manchmal können Frauen sogar härter sein als Männer. In der Arbeitswelt habe ich solch eine Erfahrung gemacht. Da gibt es Chefinnen, die so autoritär und machtbesessen sind, dass man den Feminismus gleich vergessen kann.

Feminismus in der Arbeitswelt heißt für mich nicht, als Frau an der Macht zu sein und im Prinzip das Gleiche zu tun, was jeder Mann hätte tun können. Feminismus am Arbeitsplatz heißt, deine eigenen Kompetenzen authentisch zu präsentieren, ohne die gleichen Machtstrukturen wie in der Männerwelt zu konstruieren.

Ein Arbeitskollektiv nur aus Frauen kann ebenso toxisch sein

Besteht ein Arbeitskollektiv überwiegend aus Frauen, kann es genauso toxisch sein wie eines aus Männern. In Russland, meinem Heimatland, ist es öfter der Fall: Die Frauen nehmen dich genauso als Konkurrentin wahr, wie Männer einander als Konkurrenten wahrnehmen. Unter Männern und Frauen gibt es jedoch diese unsichtbaren Machtzonen, die man noch erfolgreich teilen kann, ohne miteinander oder gegeneinander kämpfen zu müssen. Man ergänzt sich perfekt und lernt voneinander.

Also habe ich lieber Männer als Kollegen. Vielleicht, weil ich noch nie am Arbeitsplatz sexuell belästigt wurde – und wenn es derartige Signale gab, wusste ich die Herren rechtzeitig in die Schranken zu weisen, ohne ein Drama daraus zu machen.

Einige Arbeitskollegen wurden auch zu guten Freunden

Ich feiere heute Männer als Kollegen und Chefs, weil ich sie glücklicherweise bisher oft als Feministen erlebt habe. Sie können unglaublich hilfsbereit sein, wenn du sie freundlich behandelst und dich mit Soft Power durchsetzt, nicht wie eine Hardlinerin.

Ein Arbeitskollege ist auch heute ein guter Freund und kann sich in meiner Präsenz erlauben, auch mal weich zu sein statt dominant. Wer kennt schon einen Mann, der nicht davor scheut, einem anderen Mann seine Schwächen zu zeigen?

Auch mein journalistischer Mentor ist ein Mann, keine Frau. Er hat mir schon immer mit hilfreichen Hinweisen und Kontakten geholfen, ohne etwas dafür zu wollen. Vielleicht nur einen Rat, wie er seine Frau zurückgewinnen könnte.

Ein anderer ehemaliger Arbeitskollege von mir, glücklich verheiratet, kann mir manchmal abends eine Nachricht schicken, aus der sich dann eine spannende philosophische Diskussion entwickelt. Es gibt keine sexuelle Spannung zwischen uns, um Gottes Willen. Aber ich schätze ihn schon sehr als einen interessanten Gesprächspartner, der manchmal tiefer greift, als eine Kollegin. Ich habe komischerweise auch nur eine Freundin unter Arbeitskolleginnen, dafür aber mehrere männliche Freunde.

Also bin ich schon dafür, dass der Vatertag beziehungsweise Herrentag als solcher weiter bestehen bleibt. Und wer weiß – vielleicht erhebe ich heute Abend ein Gläschen auf all die guten Männer, die ich in meinem Leben kennengelernt habe.