Warum ist der S-Bahn-Tunnel so lange gesperrt? Jetzt antwortet die DB
Schwere Zeiten für Nutzer des Berliner Nahverkehrs: Eine weitere Strecke ist außer Betrieb. Nun lud die Bahn zur Baustellenbegehung. Sie hat eine gute Nachricht.

Wieder wird das befahrene Schienennetz in Berlin ein Stück kleiner. Ein großer Teil der S-Bahn-Trasse, die sich von Norden nach Süden durch die Innenstadt zieht, ist bereits wegen Bauarbeiten außer Betrieb. An diesem Freitagabend wird der gesperrte Abschnitt, der am Südkreuz und an der Yorckstraße beginnt, sogar noch bis Gesundbrunnen verlängert. Bis zum 17. Februar müssen die Fahrgäste auf den Schienenersatzverkehr (SEV) oder andere Strecken ausweichen. Warum ist der Nord-Süd-Tunnel diesmal sechs Wochen lang unterbrochen? Bei der Deutschen Bahn (DB) spürt man: Erklärungen sind fällig.
„Den Transponder bitte umhängen, damit die Feuerwehr Sie findet, wenn etwas passiert!“ Andreas Krause, der bei diesem Projekt von DB Netz die Bauüberwachung leitet, teilt am Freitagmorgen kleine Sender aus. Dann noch die grellroten Warnwesten anziehen, und schon geht es hinunter in den S-Bahnhof Oranienburger Straße, eine der Stationen an der Nord-Süd-Trasse der S-Bahn, die seit drei Wochen gesperrt sind.
Nebenan drängen sich Busse aus Hessisch-Oldendorf, Berlin und vielen anderen deutschen Städten durch die schmale Tucholskystraße. Sie sind fast leer, denn die wenigsten Fahrgäste tun sich die lange Tour mit dem SEV an. Doch die Auswahl an Umfahrungen ist geschrumpft. Straßenbahnlinien wurden verkürzt, ebenfalls wegen Bauarbeiten. Als Nächstes fällt ab Montag die U1 zwischen Warschauer Straße und Kottbusser Tor aus. Und dann ist da noch die U2, auf der wegen eines Tunnelschadens am Alexanderplatz voraussichtlich noch bis Sommer gependelt wird.
Eine Berg-und-Tal-Bahn mit vielen engen Kurven
Dass der 1939 fertiggestellte Berliner S-Bahn-Tunnel zum Jahresbeginn gesperrt wird, ist nicht ungewöhnlich. Auf der kurvigen Berg-und-Tal-Bahn, die 5805 Meter lang ist und in einer Senke die Spree unterquert, sind die Gleise erhöhtem Verschleiß ausgesetzt. Die hohe Zugfrequenz, allein montags bis freitags gibt es täglich im Schnitt 760 S-Bahn-Fahrten im Tunnel, erhöht die Belastung. „Deshalb müssen die Schienen regelmäßig geschliffen und gefräst werden“, erklärte Ulrich Burkhardt, Projektleiter Oberbau bei DB Netz. Das dient auch dazu, die Fahrdynamik zu verbessern und Geräusche zu verringern. Dafür reichen aber in der Regel zwei Wochenendsperrungen aus.
„Doch diesmal dauert es länger“, bestätigte der Ingenieur. Zum einen sei das Arbeitspensum höher, was sich daran zeigt, dass die Kosten mit 13 Millionen Euro in diesem Jahr rund zehnmal höher sind als sonst. So werden nicht nur 18.400 Meter geschliffen, sondern auch 9100 Meter Schienen und 200 Schwellen erneuert.
Außerdem setzen die Bautrupps 17 Weichen instand. 22 Schienenschmierapparate zur Lärmminderung werden abgebaut, kontrolliert und wieder eingebaut. Sie sollen das Quietschen verringern. „Wenn ein Zug kommt, wird das von Sensoren registriert. Die Geräte sondern dann biologisch abbaubares Fett ab“, so Andreas Krause.
Zum anderen erfordern die vielen zusätzlichen Arbeiten einen erhöhten Aufwand für Logistik und Arbeitsschutz. Ein Beispiel: Wenn Schotter ausgetauscht oder gestopft wird, wirbelt jahrealter Staub auf. Bis zu 280 Menschen arbeiten gleichzeitig auf der unterirdischen Baustelle. Damit sich potenziell schädliche Stoffe nicht in den Lungen festsetzen, sorgen 43 Lüfter mit 2,2 Megawatt Gesamtleistung für Durchzug. Allein um die Lüftungstechnik aufzubauen, braucht man fast eine Woche, berichtet Patrick Schneider von der Firma CFT aus Gladbeck. Auch der Abbau nimmt mehrere Tage in Anspruch. Und alles kann nur auf dem Schienenwege befördert werden.
S-Bahn-Verkehr wird pünktlich wieder aufgenommen
Immerhin, eine gute Nachricht gibt es: „Momentan läuft alles planmäßig. Wir gehen davon aus, dass der S-Bahn-Verkehr am Abend des 17. Februar wieder aufgenommen werden kann“, sagte Andreas Krause von der Bauüberwachung. Doch auch 2024 wird es wieder Arbeiten im Tunnel geben, kündigte Projektleiter Ulrich Burkhardt an. Aber dann wahrscheinlich nicht so lange.