Verkehr: Die Zivilisierung der Leipziger Straße
Die Idee, eine Lärm- und Abgasschneise in ein Idyll zu verwandeln, ist löblich. Doch es wird sich zeigen, ob die Umgestaltung anderswo zusätzliche Belastungen erzeugt.
Berlin-Es sind Pläne, die viele Autofahrer erst mal schlucken lassen: Aus zwei mehr als 14 Metern breiten Fahrbahnen sollen zwei einzelne Fahrstreifen werden. Die Senatsplaner nutzen die Gelegenheit, beim Gleisbau in der Leipziger Straße die heutige Magistrale grundlegend umzugestalten. Der gewonnene Platz soll nicht nur der geplanten Straßenbahn zum Potsdamer Platz, sondern auch dem Fahrrad- und Fußverkehr zugeschlagen werden.

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Was in diesem Teil des Stadtzentrums stattfinden soll, ist eine Verkehrsrevolution. Eine Schlucht voller Lärm und Abgase, die heute noch zu den unwirtlichsten Straßen Berlins gehört, soll in einen angenehmen Ort verwandelt werden – mit insektenfreundlichen Pflanzen, breiten Radtrassen, sanierten Gehwegen.
Leistungsfähige Ost-West-Verbindung bricht weg
Man könnte es allerdings auch so sehen: Ein wichtiger, heute noch stark genutzter Teil der Berliner Infrastruktur wird seine jetzige Funktion künftig nicht mehr erfüllen. Als derzeit trotz aller Einschränkungen immer noch leistungsfähige Ost-West-Verbindung kann die Leipziger Straße nicht mehr dienen, auch nicht mehr als Route, die Stadtviertel entlastet.
Natürlich ist es löblich, eine Lärm- und Abgasschneise in ein Idyll verwandeln zu wollen. Klar ist auch, dass viele Berliner Radfahrer schon seit vielen Jahren darauf warten, sich auf dieser Strecke endlich gefahrlos bewegen zu können. Vielleicht wird der Umbau dazu beitragen, dass der Autoverkehr im Zentrum insgesamt zurückgeht – was schön wäre und nicht unrealistisch ist. Doch es wird sich zeigen, ob die Umgestaltung anderswo zusätzliche Belastungen erzeugt. Auch in Berlin wird privater Kraftfahrzeugverkehr auf absehbare Zeit eine Rolle spielen. Dieser Erkenntnis müssen sich die Planer stellen.