Verkehrsforscher zur E-Mobility: „So wird das nie was mit Berlin“

Berlin - Erstens: keinen erdölbasierten Verkehr mehr. Zweitens: vorhandene Verkehrsmittel effizienter nutzen. Das heißt: möglichst kein privates Eigentum an Fahrzeugen mehr – gemeinschaftlich nutzen statt besitzen. Mit der Absage des Eco-Mobility-Festivals hätten die Politiker eine Chance vertan, sagt er.

Das Bezirksamt Pankow hat den Plan abgelehnt, Autos mit Verbrennungsmotor 2015 einen Monat lang aus dem Kiez rund um den Helmholtzplatz zu verbannen und dort nur noch Elektrofahrzeuge sowie Fahrräder zuzulassen. Finden Sie die Entscheidung richtig?

Nein! Im Gegenteil, sie ist falsch und ein Skandal erster Güte. Berlin redet immer davon, dass dies die Hauptstadt der Elektromobilität werden soll. Aber wenn es dann losgehen soll, wenn es endlich mal konkret werden soll, knicken die Verantwortlichen ein. So war es auch hier. Der SPD-Bezirksbürgermeister von Pankow hat die Idee einfach abserviert, bevor es zu einer Diskussion mit den Bürgern kommen konnte. Das ist Provinzpolitik. So wird das nie was mit Berlin.

Das verstehe ich nicht.

Berlin hat wenig Industrie, in Berlin gibt es nur wenig Wertschöpfung. Berlin muss kreativ und innovativ sein, um wieder nach vorn zu kommen. Das bedeutet, dass es möglich sein muss, neue Verkehrskonzepte auszuprobieren. Verkehrskonzepte, die sich im Übrigen langfristig ohnehin weltweit durchsetzen werden. Langfristig werden Privatautos so selten sein wie heute Privatflugzeuge.

Aber haben die Anwohner nicht das Recht, Autos zu besitzen und sie in ihrem Wohnviertel zu parken?

Ich sehe das anders. Wenn knapper öffentlicher Raum mit privaten Fahrzeugen, die Verbrennungsmotoren haben, zugestellt wird, dann fühle ich mich zwangsdrangsaliert. Für mich ist das ein Bedrohungsszenario. Mehr noch, es ist eine Frechheit. Und ein Widerspruch zu allem, was nachhaltig und zukunftsfähig ist.

Geht es am Helmholtzplatz nicht um Zwangsbeglückung?

Nein, es sollte darum gehen, den Menschen Angebote zu unterbreiten und ihnen Alternativen vorzustellen. Die Bewohner des Helmholtzplatz-Kiezes sollten etwas bekommen, sie sollten mehr Möglichkeiten erhalten, sich zu bewegen. Das müsste natürlich sorgfältig geplant werden, da müssen alle Details stimmen. Die Bewohner müssen einen bequemen, privilegierten Zugang zu Elektrofahrzeugen bekommen, und sie müssen weitere Vorteile genießen, zum Beispiel kostenloses Parken mindestens in ihrem Wohnviertel. Und es muss Ausnahmen geben, für Warenlieferungen, Pflegepersonal oder Menschen mit kranken Angehörigen. Im Fall Pankow war das sicher noch nicht alles durchbuchstabiert.

Wie sollte es jetzt weitergehen?

Wir werden uns dafür einsetzen, dass der Versuch in einem anderen Berliner Bezirk stattfindet. Wenn Pankow nicht kann, vielleicht wollen ja Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg einsteigen. Die Diskussion ist nicht zu Ende, sie muss jetzt richtig losgehen. Berlin muss endlich anfangen, die Zukunft der Mobilität vorzubereiten: die Mobilität 2.0.

Das Interview führte Peter Neumann.