Deutsche Umwelthilfe: „Biosprit ist klimaschädlicher als fossile Kraftstoffe“

Die Organisation fordert das Ende der Förderung. Statt Biodiesel und Co. sollen lieber Lebensmittel angebaut werden.

E10 ist ein fossiler Kraftstoff, der einen Anteil zwischen fünf und zehn Prozent Bioethanol enthält.
E10 ist ein fossiler Kraftstoff, der einen Anteil zwischen fünf und zehn Prozent Bioethanol enthält.Sven Hoppe/dpa

Seit 2010 sollen die Deutschen den Biosprit E10 tanken – für den Klimaschutz und die Senkung des Ausstoßes von Kohledioxid. Der Kraftstoff enthält bis zu zehn Prozent Bioethanol, der aus Pflanzen hergestellt wird, die auf Agrarflächen angebaut werden.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) spricht nun von „verheerende Folgen von Agrokraftstoff für Natur, Klima und Ernährungssicherheit“. Zusammengefasst heißt es: „Die Klima-Auswirkungen von Agrosprit sind noch dramatischer als bei fossilen Kraftstoffen.“

Die Umweltorganisation bezieht sich dabei auf eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung (IFEU). Die Organisation fordert von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) deshalb einen „sofortigen Stopp der staatlichen Förderung“.

Weltweit würden 9,6 Millionen Hektar Agrarland für den Anbau von Soja, Raps, Gerste, Roggen, Weizen, Mais, Zuckerrohr und Zuckerrüben genutzt, um Agrokraftstoffe zu produzieren. Die DUH-Naturschutzreferentin Kathrin Anna Frank sagt dazu: „Eine Fläche der Größe Irlands mit dem Anbau von Raps, Mais, Weizen und Co. zu belegen, um damit nicht etwa Menschen, sondern Autos zu versorgen, ist im wahrsten Sinne des Wortes ein riesiger Skandal.“ Diesen Irrsinn auch noch als Klimaschutzmaßnahme zu verkaufen, treibe das Ganze auf die Spitze.

Riesige Felder nur für Monokulturen

Wenn auf solch riesigen Flächen grüner Kraftstoff produziert werde, habe das enorme Schäden für das Klima, die Biodiversität und die Ernährungssicherheit zur Folge. Das Problem sei, dass riesige Felder nur noch für Monokulturen genutzt werden, etwa für Mais.

„Statt Land mit Monokulturen für Agrosprit zuzupflastern, könnte die Renaturierung einer so großen Fläche 65 Millionen Tonnen Kohlendioxid binden und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Erhalt unserer Artenvielfalt leisten“, sagte Kathrin Anna Frank. Auf dieser Fläche könnten auch Lebensmittel für 120 Millionen Menschen angebaut werden.

Als Alternative zu den Biokraftstoffen wird von der DUH die Erzeugung von Solarstrom für Elektrofahrzeuge favorisiert. Der Grund: Der brauche „für die gleiche Kilometerleistung 97,5 Prozent weniger Fläche als Agrokraftstoff“.

Ernte auf einem Feld in Brandenburg: Der Mais wird meist für Kraftstoffe, Biogasanlagen und Tierfutter angebaut.
Ernte auf einem Feld in Brandenburg: Der Mais wird meist für Kraftstoffe, Biogasanlagen und Tierfutter angebaut.Patrick Pleul/dpa

Die Forderungen werden auch von der Organisation Transport and Environment unterstützt. Das ist eine Dachorganisation von 53 nichtstaatlichen europäischen Organisationen in 24 Staaten, die sich für nachhaltigen Verkehr einsetzen. Die 53 Mitgliedsorganisationen kommen aus 24 Ländern. Maik Marahrens von Transport and Environment sagte: Agrotreibstoffe sind ein gescheitertes Experiment.

Weiterhin Nahrungsmittel in unseren Autos zu verbrennen, grenzt angesichts einer sich zuspitzenden globalen Ernährungskrise an kriminelles Handeln.“ Er verweist auf einen Gesetzentwurf in Belgien zur Reduzierung von Nahrungsmitteln in Treibstoffen. Deutschland, und die EU als Ganzes, müssen diesem Beispiel folgen.

Die beiden Grünen Bundesminister Steffi Lemke (Umwelt) und Cem Özdemir (Agrar) wollen bis 2030 einen stufenweisen Ausstieg und wollen dafür bald einen Gesetzentwurf vorlegen.

Das Umweltministerium sieht Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen kritisch, da diese Flächen für Lebensmittel gebraucht werden. Das Motto lautet: „Nahrung gehört auf den Teller, nicht in den Tank.“ Es gibt auch einen weltweiten Handel und damit auch eine Verdrängung: Es werden Felder für Lebensmittel durch Felder für Sprit ersetzt oder Wälder abgeholzt. Besser seien Biokraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen. Sie sollten aus Sicht des Ministeriums stärker eingesetzt werden. Gleichzeitig sei klar: Die verfügbaren Mengen dieser Reststoffe sind sehr begrenzt.

Derzeit liegt der E10-Anteil bei 4,4 Prozent am gesamten Kraftstoffverkauf. Der Preis für E10 lag am Montag an den Berliner Tankstellen bei 1,71 Euro pro Liter, der von Super Plus bei 1,85 Euro. Der Energiegehalt von E10 ist etwas niedriger, deshalb liegt der Verbrauch um ein bis zwei Prozent höher.