Verloren in der Kunstausstellung: Wenn kein Licht aufgeht

Darf man zugeben, dass man moderne Kunst nicht versteht? Auch nicht, wenn man das Begleitheft gelesen hat.

Light and Space  im Kraftwerk Berlin
Light and Space im Kraftwerk BerlinLight And Space

Über Kunst lässt sich streiten oder nicht, denn Kunst ist Geschmacksache, und beim Geschmack verhält es sich bekanntlich genauso. In Berlin wird manche Kunst, wenn wir ehrlich sind, nicht immer als offener Raum angeboten, sondern gerne als etwas, worüber es aufgrund einer angeblichen Einzigartigkeit keine zwei Meinungen geben darf. Da wird eine Ausstellung schnell mal zum Must-see, und wer sie verpasst hat, muss das auf ewig bereuen. In der Tat ist das eigene Erlebnis manchmal schlicht ernüchternd, was kaum jemand zugibt, aus Sorge, sich als unverständiger Primitivling zu outen. Wie bei einem Witz, wo man mitlacht, weil alle anderen halt auch lachen.

So steht man also an einem der letzten Ausstellungstage im Kraftwerk vor einer auf beiden Seiten haushoch mit Leuchtstoffröhren ausstaffierten Wand und denkt: Ist das schon alles gewesen? Der zweite Gedanke dreht sich dann bereits um die Hoffnung, hier mögen doch wohl bitte energiesparende Leuchtmittel zum Einsatz kommen. Sind Leuchtstoffröhren nicht als Stromfresser verpönt und längst verboten? (Eine schnelle Recherche ergibt: Nein, erst ab September 2023.) Man könnte nun behaupten, dass die Kunst hier auf völlig unzeitgemäße Requisiten zurückgreift, sich damit wiederum den Erfordernissen der Realität verschließt und genau dadurch zur Anklage der Gegenwart mutiert.

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Sie sehen: Zu Kunst kann man sich auch etwas aus den Fingern saugen, wenn man sie nicht versteht. Der hilfesuchende Blick ins Begleitheft trägt zur Erhellung nicht viel bei, sind die Texte doch verklausuliert, wie sie es in Ausstellungen eben so häufig sind, dass man annehmen muss, ihre Verfasser wollten mit blumigem Wortschwall kaschieren, dass es ihnen selbst an Durchblick mangelt. Wie zur Bestätigung steht im Heft, dass der Titel der Ausstellung („Light and Space“) im Hinblick auf den Diskurs des Künstlers (identischer Titel: „Light and Space“) „passend erscheint“.

Vor dem Kunstwerk fallen reihenweise die Masken, was keine Metapher ist, sondern einfach beschreibt, dass einige Besucherinnen nicht mit Schutzmaske vor einer Leuchtstoffröhre posieren wollen. Sie fragen jetzt, warum man sich überhaupt vor einer Leuchtstoffröhre fotografieren lassen sollte. Die Antwort liegt im Anfang: Geschmacksache.