Vermisste Rebecca: Staatsanwaltschaft rechtfertigt Veröffentlichung von Fotos ihres Schwagers

Die Suche nach der seit fünf Wochen verschwundenen Rebecca Reusch wurde am Dienstag fortgesetzt. Wie schon am Montag suchten Polizisten im Herzberger See, östlich des Scharmützelsees. „Im Einsatz sind die Mordkommission, Taucher, Hunde, das Technische Hilfswerk und Teilkräfte einer Einsatzhundertschaft“, sagte eine Polizeisprecherin.

Die Gegend im Landkreis Oder-Spree befindet sich rund  25 Kilometer von der Autobahnbrücke entfernt, wo das Kennzeichen-Erfassungssystem der Brandenburger Polizei den Renault des verdächtigen Schwagers von Rebecca registrierte. Das war am Tag des Verschwindens der 15-Jährigen, am 18. Februar.

Warum die Polizei die Veröffentlichung der Fotos zurückzog

In den vergangenen Wochen waren bereits Waldgebiete in der Nähe von Storkow sowie der Wolziger Seee von Polizisten großflächig nach Rebeccas Leiche abgesucht worden. Die Mordkommission ist davon überzeugt, dass der 27-jährige Schwager die 15-Jährige getötet hat. Sie mutmaßt, dass er die Leiche in Brandenburg beseitigt haben könnte.

Nach der Veröffentlichung von Fotos des Verdächtigen durch die Polizei hatten sich bei den Ermittlern mehrere Zeugen gemeldet, die den Mann gesehen haben wollen. Am Montag zog die Polizei die Veröffentlichung dann zurück. Dazu erklärte die Behörde knapp: „Da derzeit keine weiteren Erfolgsaussichten durch die Öffentlichkeitsfahndung bestehen, werden die Bilder des Tatverdächtigen und dessen Fahrzeugs gelöscht. Die Ermittlungen der 3. Mordkommission beim Landeskriminalamt dauern an.“

Anwältin erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizei und Medien

Der 27-Jährige war am vergangenen Freitag aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ein Ermittlungsrichter hatte Zweifel am dringenden Tatverdacht, der eine Untersuchungshaft rechtfertigen würde. Die Mordkommission hält den Mann weiter für verdächtig.

Petra Klein, die Anwältin des Schwagers, erklärte am Dienstag: "Der Umgang mit meinem Mandanten sowohl seitens der Strafverfolgungsbehörden als auch der Öffentlichkeit kommt einer Vorverurteilung gleich und steht im drastischen Widerspruch zur Unschuldvermutung und dem damit verbundenen Grundsatz eines fairen Verfahrens. Durch die Veröffentlichung verschiedenster unverpixelter Fotos und persönlicher Details ist mein Mandant massivem gesellschaftlichem Druck ausgesetzt und eine schnelle Rückkehr in Alltag und Normalität scheint ausgeschlossen."

Abwägung von Persönlichkeitsrechten und Strafverfolgung

Da auch Beschuldigte Persönlichkeitsrechte haben, müssen die Ermittler stets die Verhältnismäßigkeit einer solchen Veröffentlichung beachten und erst alle anderen Fahndungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben, bevor ein Richter die Bilder freigibt. Diese Persönlichkeitsrechte müssen mit dem Interesse der Strafverfolgung abgewogen werden.  Dass Polizei und Staatsanwaltschaft das Bild eines Beschuldigten, der schon in Untersuchungshaft sitzt, herausgeben, ist ungewöhnlich. 

Martin Steltner von der Staatsanwaltschaft, sagt: „Die  Veröffentlichung des Fotos  war  durch den Paragrafen 131 b der Strafprozessordnung gedeckt.“  Darin heißt es: „Die Veröffentlichung von Abbildungen eines Beschuldigten, der einer Straftat von erheblicher Bedeutung verdächtig ist, ist auch zulässig, wenn die Aufklärung einer Straftat, insbesondere die Feststellung der Identität eines unbekannten Täters auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre.“

Übersetzt heißt das: Die Mordkommission glaubt zwar, dass der Schwager Rebecca tötete. Aber sonst hat sie nichts gegen ihn in der Hand.