„Verschluss-Sachen“: Stasi-Unterlagenbehörde zeigt erstmals Fundstücke

Die Stasi herrschte 40 Jahre in der DDR – ihr Erbe ist riesig. Mehr als 111 Kilometer Akten, in denen Mitarbeiter der Stasi-Unterlagenbehörde BStU oft auf Dinge wie Papier-Puzzle oder Kronkorken stoßen. So unscheinbar die Dinge scheinen, erzählen sie Schicksale. Und manchmal  zeigen sie, wie paranoid und gleichzeitig grausam die Stasi oft war. Die BStU zeigt im Buch „Verschluss-Sachen“ erstmals die Fundstücke.

Fassadenfotos - Rote Kästchen der Karl-Marx-Allee

Die 1. Mai-Kundgebungen der Staats- und Parteiführung fanden traditionell in der Karl-Marx-Allee statt. Und so wurden in den 80er-Jahren die dortigen Plattenbau-Wohnblöcke von der Stasi besonders scharf überwacht. Im Vorfeld der Feierlichkeiten fotografierten die Spitzel die Frontseiten der Häuser, malten Diagramme auf den Fotos. Kästchen, die rot gekennzeichnet oder rot ausgemalt waren, zeigten, wo vermeintliche Störenfriede der Feierlichkeiten wohnen.


Gesteinsbrocken - Unechtes Uran in der Zündholzschachtel

Eine Streichholzschachtel mit drei kleinen Gesteinsbrocken: Sie fand  die Stasi 1951 bei  Werner M. aus dem Erzgebirge. Anhand der Schachtel wollte das Ministerium für Staatssicherheit den Bergarbeiter  der Spionage für die Briten überführen. Denn die Stasi-Ermittler  hielten  die Steine für Uran, das in der Wismut AG massenweise für die Sowjets abgebaut wurde. W. kam für zehn Jahre ins Gefängnis. Spätere Untersuchungen ergaben, dass die Steine nicht radioaktiv, kein Uran waren.


Kronkorken - Die Chefsache des Erich Mielke

Diese Kronkorken fanden sich im Stasi-Archiv, Erich Mielke hatte sie 1963 höchstpersönlich zur Chefsache erklärt. In einem Abfüllwerk  in Karl-Marx-Stadt gab es mit den Flaschendeckeln Probleme. Aus dem Innern dieser Deckel löste sich ständig die Papierschutzschicht.  Das Wirtschaftsministerium  vermutete Sabotage aus dem Westen, schaltete die Staatssicherheit ein.  Am Ende der mühsamen Ermittlungsarbeit musste die Stasi feststellen: Die Korken waren einfach nur DDR-Pfusch.


Bastelarbeit - Galgenhumor mit Archivnummer

Den Galgen aus Papier und Streichholz fanden  1966 Stasi-Gefängniswärter   in der Tasche von Häftling Hans-Günter W. Nach einer spektakulären Flucht im Kofferraum eines Schleuserautos in den Westen (1965), war der Ost-Berliner ein Jahr später  in die DDR zurückgekommen. Trotz der Vorzüge des Westens vermisste der junge Mann seine Freundin, die in Ost-Berlin war.  Nun kam der Mann also zurück in die DDR. Doch statt  Liebe gab es Knast. Dafür wünschte sich W. wohl an den Galgen, mutmaßten die Stasi-Ermittler als Ursache für die Bastelei des Häftlings.


Autogramm - Ein Jahr Haft für Westschlager-Fan

Sänger Camillo Felgen war in den 1950er-Jahren als Radio-Luxemburg-Radio-Mann auch in der DDR beliebt. „Trotz allem“ schrieb er auf einer Autogrammkarte für einen treuen Hörer und Westschlager-Fan im Osten, die die Stasi 1959 bei dem Rostocker Rolf K. bei einer Wohnungsdurchsuchung entdeckte. Hinter dem „Trotz allem“ des RTL-Mannes vermuteten die Stasi-Ermittler  „gefährliche Hetze“. K. kam für ein Jahr ins Gefängnis.


F's aus Papier - Für die Freiheit

30  Fs finden sich in der Akte von Herbert Belter. 1950 hatte der Regimegegner sie auf die Straße geworfen. Die Stasi übergab Belter den Sowjets, die ihn zum Tode verurteilten. 1994 wurde seine  Urne in einem  Massengrab in Moskau entdeckt.