Verwirrte Touristen in Berlin: „Wie komme ich vom Alexanderplatz zum Reichstag?“
Die Hauptader der S-Bahn zwischen Zoo und Alex ist gesperrt. Einheimische nehmen den Schienenersatz, Touristen sind von den Schildern auf Deutsch überfordert.

Abigail K. blickt auf das Schild im Hauptbahnhof und wirkt sichtlich nervös. „Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll“, sagt die Britin. Es sei schwierig genug, mit zwei Kindern zu reisen, besonders wenn eines von ihnen in einem Kinderwagen sitze. Jetzt müssen sie den Ersatzbus finden. „Mein Deutsch ist nicht sehr gut, deshalb verstehe ich nicht, wo wir hinmüssen“, erklärt sie. „Ich habe nur verstanden, dass wir in einen Bus steigen müssen, aber ich habe nicht gesehen, von wo oder wann.“
Ein paar Stationen weiter, am Alexanderplatz, steht eine Menschengruppe vor einem Schild mit der Aufschrift „Zw. Alexanderplatz–Zoologischer Garten besteht Ersatzverkehr“. Einige schauen ratlos darauf und eilen in den Ersatzbus oder fangen sofort an, auf ihrem Handy zu tippen – in der Übersetzungsapp. Andere bitten in holprigem Deutsch, auf Englisch oder mit Händen und Füßen S-Bahn-Mitarbeiter in der Station um Hilfe.
Wegen Bauarbeiten ist seit Montag die S-Bahn zwischen den Bahnhöfen Alexanderplatz und Zoologischer Garten vom 11. bis 18. Juli gesperrt, anschließend bis 28. Juli zwischen Friedrichstraße und Ostbahnhof. Die Hauptader des Nahverkehrs ist blockiert. Berliner sind darüber seit Längerem informiert worden. Doch für viele Touristen kam das in den ersten Tagen der Beschränkungen des Nahverkehrs etwas unerwartet. Gerade jene, die am Montag in Berlin ankamen, wurden mit verwirrenden Informationen und unerwarteten Ersatzbussen konfrontiert.
So versucht am Montag Francesco B., für seine fünfköpfige italienische Familie die neue Route herauszufinden. „Ein Typ im Zug hat gerade gesagt“, sagt Francesco B., „wir sollen hier am Alexanderplatz aussteigen, obwohl wir vorhatten, zum Bundestag zu fahren.“ Sie sind für eine Führung im Bundestag angemeldet, die in einer halben Stunde beginnen soll. Jetzt schaffen sie es vielleicht nicht. „Das ist ein Problem, es ist sehr schwierig, herauszufinden, wie man jetzt dorthin kommt“, sagt Francesco und fügt hinzu, dass er gerne vorher ein paar Warnschilder gesehen hätte, um unterwegs nicht plötzlich überrascht zu werden.
Die S-Bahn hatte für diese Bauarbeiten extra die Schulferien abgewartet, weil dann viele Berliner nicht in der Stadt sind. Auch der Tunnel am Alexanderplatz ist für drei Wochen gesperrt, sodass auch der Autoverkehr beeinträchtigt ist. Doch andererseits ist gerade in den Ferien die Stadt voller Touristen aus dem In- und Ausland. Diese müssen in diesem Jahr nicht nur über das 9-Euro-Ticket informiert werden, sondern auch über die diversen Sperrungen.
Bahn-Sprecherin: Die Flyer sind auf Deutsch und Englisch
Zweimal steht auf dem Schild am Alexanderplatz etwas auf Englisch: „Replacement service by bus“ und „Buses depart“. Wo die Busse starten, müssen sich Touristen aber mühsam erarbeiten. Hatice ist gerade aus Frankfurt nach Berlin gekommen. Sie muss zum Alexanderplatz und hatte mit diesen Einschränkungen nicht gerechnet. Ihre Kollegen warten dort auf sie. „Ich dachte, es würde zehn Minuten dauern, um dorthin zu gelangen, jetzt werde ich wahrscheinlich zu spät kommen“, sagt sie und eilt los. Dass die U5 auch bis zum Alexanderplatz fährt, steht zwar auf dem Schild, aber sie versteht kein Deutsch.
Die Sprecherin der Deutschen Bahn verweist zunächst darauf, dass mithilfe von Flyern auf jede Sperrung verwiesen werde. „Diese Flyer sind auf Deutsch und Englisch“, sagt sie. „Außerdem wird über sämtliche Sperrungen auch auf der Webseite der S-Bahn auf Englisch informiert.“ Mittels eines kleinen Buttons lässt sich beinahe der gesamte Inhalt der Seite übersetzen. Das Unternehmen habe in der Vergangenheit zunehmend englische Informationen bereitgestellt.
Laut Deutsche Bahn (DB) werden Ersatzbusse bereitgestellt, die im Fünf-Minuten-Takt zwischen den Stationen fahren sollen. Der Ersatzverkehr läuft laut Bahn-Sprecherin bisher problemlos. „Die Busse sind meist halb voll, und trotz Krankenstand können wir den Takt von fünf Minuten einhalten.“ Trotzdem brauchen die Fahrgäste während der Bauarbeiten zwischen Alexanderplatz und Zoo zehn bis 15 Minuten länger als ursprünglich geplant, je nach Verkehrslage.
Doch verwirrt sind zum Teil auch Deutsche, die vor dem Hinweisschild stehen. Auch Jens und Beate aus Süddeutschland finden sich nicht sofort zurecht. Sie sind nach Berlin gekommen, um einen Freund zu besuchen. „Er erwartet uns bereits im Bellevue, leider wussten wir nichts von den Bauarbeiten“, sagen sie. Obwohl sie Deutsch sprechen, sind sie nach ein paar Minuten noch nicht losgelaufen. Sie telefonieren erst einmal – und fragen Ortskundige.