Wohnungskonzern Vonovia will befristetes Kündigungsmoratorium unterstützen

Das börsennotierte Wohnungsunternehmen signalisiert Mietern angesichts steigender Energiekosten Entgegenkommen. Es formuliert aber zugleich Bedingungen.

Die börsennotierte Vonovia ist der größte private Vermieter in Berlin. Hier blickt ein Mitarbeiter des Konzerns auf Wohnungen im Ziekowkiez in Reinickendorf.
Die börsennotierte Vonovia ist der größte private Vermieter in Berlin. Hier blickt ein Mitarbeiter des Konzerns auf Wohnungen im Ziekowkiez in Reinickendorf.Berliner Zeitung/Markus Wächter

Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia verspricht seinen Mietern bei Zahlungsschwierigkeiten wegen steigender Energiekosten Kulanz. „Unseren Mieterinnen und Mietern versichern wir, dass wir gemeinsam eine Lösung finden werden, wenn sich jemand seine Wohnung wegen erhöhter Heiz- und Warmwasserkosten nicht mehr leisten kann“, sagte Vonovia-Chef Rolf Buch am Mittwoch bei einer Halbjahresbilanz seines Unternehmens. Ähnliche Lösungen seien auch seit Beginn der Corona-Pandemie gefunden worden.

Buch sagte, die aktuelle Energiekrise drohe „zur großen Belastung für die Gesellschaft in Deutschland und Europa“ zu werden. „Vor diesem Hintergrund unterstützen wir den Ansatz der Bundesregierung, ein befristetes Kündigungsmoratorium für die Mieterinnen und Mieter zu vereinbaren.“ Dies müsse aber „mit Maßnahmen verbunden sein, damit finanziell überforderte Haushalte eine angemessene Förderung erhalten“.

Von dem Entgegenkommen würden viele Mieter in Berlin profitieren. Zum 30. Juni dieses Jahres bewirtschaftete die Vonovia 549.484 Mietwohnungen, rund 490.000 davon in Deutschland. Berlin ist mit 136.806 Wohnungen bundesweit der größte Standort der Vonovia. 98.517 Wohnungen in der Bundeshauptstadt kommen dabei aus dem Bestand der Deutsche Wohnen, die im vergangenen Jahr von der Vonovia übernommen wurde.

Miete in Berlin um einen Cent höher als im bundesweiten Schnitt

Die durchschnittliche Miete in Berlin belief sich nach Angaben eines Vonovia-Sprechers zum 30. Juni auf 7,33 Euro je Quadratmeter kalt. Die Miete in Berlin lag damit einen Cent pro Quadratmeter über dem bundesweiten Durchschnitt von 7,32 Euro je Quadratmeter.

Der Gewinn der Vonovia hat sich im ersten Halbjahr deutlich erhöht. Er stieg um rund 36 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro. Zurückzuführen ist das vor allem auf die Übernahme der Deutsche Wohnen. Die marktbedingte Steigerung der Mieten lag laut Vonovia bei einem Prozent. Investitionen in Modernisierung für eine höhere Energieeffizienz hätten zu einem Mietanstieg von 1,7 Prozent geführt, Investitionen in Neubau und Dachaufstockung zu einem Mietwachstum von 0,7 Prozent.

Vonovia bekräftigte, die Strategie für den Neubau „an die veränderten Marktbedingungen anzupassen“, wie zu Jahresbeginn angekündigt. In Zukunft solle „verstärkt für den Markt und weniger für den eigenen Bestand“ gebaut werden. Am geplanten Neubau-Volumen von 3600 Wohnungen in diesem Jahr will Vonovia aber festhalten, wie ein Sprecher erklärte. „Dabei bauen wir auch dringend benötigte Sozialwohnungen“, sagte er.

Tausende Wohnungen sollen verkauft werden

Vonovia will sich zugleich von mehr Bestandswohnungen trennen. So teilte der Konzern mit, er habe „verschiedene Portfolios ermittelt, die für einen Verkauf geeignet“ seien. Diese „Wohnungen und Mehrfamilienhäuser“ sollten „über einen längeren Zeitraum verkauft werden“. Wo die ermittelten Portfolios liegen, teilte der Konzern nicht mit. „Wir sind erst am Anfang unserer Überlegungen“, sagte der Sprecher. „Daher ist es noch viel zu früh, um konkret etwas zum Volumen und den einzelnen Standorten zu sagen.“ Der Branchendienst Thomas Daily teilte mit, dass esum 23.310 Wohnungen im Wert von 6,3 Milliarden Euro“ gehe. Vonovia bezeichnete dies auf Nachfrage als „korrekt“. Insgesamt will Vonovia sogar Wohnungen im Wert von 13 Milliarden Euro verkaufen, wie das Unternehmen ankündigte.

„Diese angedachten Verkäufe haben nichts mit einem Ausverkauf zu tun“, versicherte der Sprecher. „Seit unserem Börsengang 2013 haben wir bereits mehr als 110.000 Wohnungen verkauft.“ Die geplanten Verkäufe ermöglichten der Vonovia „weiteres Wachstum und einen Abbau der Schulden“.

Der Berliner Mieterverein (BMV) übt Kritik. „Die Aussage über eine unternehmensweit ermittelte Mieterhöhung sagt für Mieter nichts aus“, so BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. „Denn in einem Teil der Wohnungen sind ja gar keine Mieterhöhungen möglich, weil die ortsübliche Vergleichsmiete schon überschritten ist.“ Zum Beispiel bei den Wohnungen, die in den letzten Jahren wiedervermietet wurden.

Verein: Warum erklärt Vonovia nicht freiwilligen Verzicht auf Kündigungen?

Zur Ankündigung, „den Ansatz der Bundesregierung“ für ein Kündigungsmoratorium zu unterstützen, sagte Wild: Erstens gebe es bei der Bundesregierung „keinen solchen Ansatz“, sondern „nur bei Teilen der SPD und der Grünen“. Und zweitens stelle sich die Frage, warum die Vonovia nicht erkläre, „dass das Unternehmen freiwillig auf Kündigungen“ wegen steigender Energiekosten verzichte. Stattdessen wolle Vonovia, „dass der Staat die Kostenübernahme sichert“, so Wild. „Dann ist es eigentlich gar kein Entgegenkommen, weil die Wohnungswirtschaft ja vollkommen schadlos gestellt wird. Und teure Räumungsverfahren vermeidet man auch.“