VW, BMW, Mercedes, Audi und Co.: Elektroautos sind nicht ihre Stärke
Der Kanzlerin wird ausdauernd vorgeworfen, Konflikte nicht in offener Feldschlacht zu klären, sondern sie in Kohl’scher Manier auszusitzen. Merkel ist damit bislang gut gefahren. Sie lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, wurstelt sich so durch.
Auch die jüngste Attacke der SPD namens Martin Schulz ließ Merkel abperlen, und war am Ende vielleicht nur überrascht, wie schnell und radikal der Umschwung kam.
Merkel räumt Versagen ein
Gerade weil sie mit dieser Methode eigentlich so gut fährt, horchte man erschreckt auf, als Merkel in dieser Woche ganz unumwunden und offensiv ein Versagen einräumte: Eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen hatte sich Merkel 2011 für 2020 gewünscht.
Heute sind es – trotz Prämie – gerade mal 100.000. Man kann nur mutmaßen, was die Kanzlerin mitten im Wahljahr zu diesem für sie niederschmetternden Klartext bewogen hat. Ein Weckruf an die Autobauer? Oder wollte sie dem grünen Ministerpräsidenten Kretschmann zuvorkommen, der heute nach Stuttgart zum „Autogipfel“ eingeladen hat, und ihr womöglich diese miserable Bilanz vorrechnet?
Die Nummer 1 ist China
Leitanbieter für Elektroautos sollten die deutschen Autobauer sein, Deutschland der Leitmarkt. So hatte es sich die Kanzlerin ausgemalt. Aber Leitanbieter sind inzwischen die Chinesen, Leitmarkt ist China.
Die deutschen Autobauer sind raus, der Vorsprung uneinholbar. Viel zu lange wurde in eine zukunftslose Technologie investiert. Warum nur? Natürlich, weil immer noch sehr viel Geld verdient wird, aber auch, weil uns offenbar der Blick verstellt ist.
Auto ist Deutschland, ist Heimat, ist da, wo wir spitze sind. Wir versuchen besser zu machen, was wir schon können.
Aber ein Auto ohne Verbrennungsmotor ist eigentlich kein Auto mehr. Dafür braucht man keine stolzen Tüftler und hoch spezialisierten Motorenfreaks. In China hat man das verstanden.
Dort ist man beim Gedanken ans Auto frei von Sentimentalitäten. Eine Hülle kann jeder bauen, ein Elektromotor ist simpel. Fehlt einzig die Batterie, die Speichermöglichkeit für Strom.
Tickende Zeitbombe
Und daran forschen die Chinesen mit aller Kraft. Vielleicht zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte Chinas wird eine prägende Technologie nicht kopiert, sondern entwickelt. Frei nach der Devise von Walter Ulbricht aus dem Jahr 1957, „Überholen ohne einzuholen“, lassen die Chinesen die Verbrennungstechnologie hinter sich. Unter den Top Ten der E-Autos, die heute in China fahren, ist nur eine ausländische Marke: Tesla aus Kalifornien. Das ist die eigentliche Revolution.
In Deutschland tickt eine industriepolitische Zeitbombe. 750.000 Arbeitsplätze hängen direkt, Millionen indirekt von der Automobilindustrie ab. Niedersachsen, Hessen, Bayern, Baden-Württemberg werden betroffen sein, womöglich mit ähnlichen Auswirkungen wie beim Niedergang der Stahlindustrie im Ruhrgebiet.
Merkel sagte bei ihrem Eingeständnis des deutschen Scheiterns ganz richtig: Manchmal verbreitet sich eine Innovation ja plötzlich, wie beim Smartphone.
Ladung reicht für 500 Kilometer
Stimmt wahrscheinlich. Sobald eine bezahlbare Batterie entwickelt ist, die Strom für 500 Kilometer und mehr speichern kann, werden die E-Autos boomen. Wahrscheinlich in den kommenden fünf bis zehn Jahren.
Mit Markennamen aus Fernost, die in Deutschland heute noch keiner aussprechen kann.