Wandlitz im Wandel: Wie ein Wohnort der SED-Spitze zum Denkmal wird
Wandlitz - Sie war früher auf keiner offiziellen Karte verzeichnet und trotzdem – oder gerade deshalb – war die „Waldsiedlung Wandlitz“ für die meisten DDR-Bürger ein Begriff: ein von Legenden umwehter Ort, über den getuschelt wurde, ohne dass die Leute die geringste Ahnung hatten, wie es dort aussieht. Früher lebten in diesem von der SED selbst geschaffenen Ghetto nördlich von Berlin mitten im Wald die obersten Funktionäre – fernab der Arbeiter und Bauern hinter Mauern.
In der DDR war die Siedlung der wohl am besten bewachte Ort. Nicht mal die 600 Bediensteten durften ihn ohne Ausweiskontrolle betreten. Heute befindet sich hier eine frei zugängliche Klinik. Früher kursierten die wildesten Geschichten über dieses „Bonzenparadies“, wie das Objekt schon vor dem Einzug der ersten Funktionäre 1960 auf Flugblättern aus West-Berlin genannt wurde. Heute sind Spuren dieser Vergangenheit kaum noch zu entdecken. Trotzdem sollen Teile des Areals nun unter Denkmalschutz gestellt werden.
Vor Jahren noch abgelehnt
Als dies Ende vergangener Woche bekannt wurde, freute sich Paul Bergner ganz besonders. Denn er ist einer der beiden Hobbyforscher, die sich sehr intensiv mit der Historie dieses geschichtsträchtigen Ortes auseinandersetzen und dort auch Führungen anbieten. „Natürlich musste ich herzlich lachen über die jetzige Entscheidung“, sagt der 77-Jährige. Er habe bereits 1991 mehrfach an Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) geschrieben. „Mir schwebte damals ein Dokumentationszentrum vor. Ich habe vorgeschlagen, dass alles in Container gepackt wird, um abzuwarten, bis die Zeit da ist, in der sich die Leute sachlich mit diesem Teil der Geschichte auseinandersetzen.“
Es war eine Zeit, als in den Häusern der Siedlung Möbel, Bücher und Gemälde auf den Müll flogen. „Man kann doch nicht einfach Bücher verbrennen“, erzählt Bergner. Die Idee wurde abgelehnt. Die Antwort des Kulturministeriums zeigt deutlich die Befürchtungen jener Zeit. „Einerseits gibt es ein Informationsbedürfnis etlicher Touristen“, heißt es in dem Schreiben vom 9. Oktober 1991, „andererseits besteht die Gefahr, hier ein Denkmal für eine nicht der Ehrung werten Personengruppe zu schaffen.“