Warnstreik beim RBB: „In der Belegschaft fühlen sich viele veralbert“

Der Rundfunk Berlin Brandenburg wird bestreikt: Hunderte Beschäftigte kommen am Freitag vor das Senderhaus. Im RBB-Programm macht sich das bemerkbar.

Trotz Kälte und Nieselregen kamen rund 250 Streikende zu der Kundgebung
Trotz Kälte und Nieselregen kamen rund 250 Streikende zu der KundgebungJustus Bonde/Berliner Zeitung

Christoph Reinhardt ist Reporter und Redakteur beim RBB. Am Freitag, bei bestem Berliner Schmuddelwetter, steht er auf den Treppen vor dem Fernsehzentrum des RBB in der Masurenallee in Charlottenburg. „So wie heute macht Streiken richtig Spaß“, sagt er in das Mikrofon, das er in der Hand hält. Er spricht heute nicht in eine Kamera oder für eine Radiosendung, er spricht zu seinen rund 250 Kolleginnen und Kollegen, die mit ihm streiken. „Wir streiken“, ruft er, „um uns mehr Respekt zu verschaffen!“ Bei den Streikenden kommt das gut an.

Die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hatten für diesen Freitag zum Warnstreik aufgerufen. In den Tarifverhandlungen kommen die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite bisher nicht zusammen. Verdi fordert eine pauschale Lohnerhöhung von monatlich 550 Euro für alle Beschäftigten, der DJV eine prozentuale Erhöhung des Lohns, das sei angemessen, in Verbindung mit der einmaligen Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro. In diesem Punkt uneins, eint Verdi und DJV die Forderung, dass die frei Beschäftigten beim RBB in Zukunft größere Sicherheiten und den gleichen Lohn bei gleicher Arbeit erhalten sollen, wie ihre fest angestellten Kolleginnen und Kollegen.

In eine rote Verdi-Jacke gekleidet und in Gespräche mit anderen Streikenden verwickelt, steht Dagmar Bednarek auf der höchsten Stufe der Treppe vor dem RBB-Gebäude. „In der Belegschaft fühlen sich viele veralbert“, sagt sie. Auch sie arbeite für den RBB und vertrete die Gewerkschaft Verdi in den Verhandlungen. Der Unmut sei groß und das Vertrauen der Belegschaft in die Senderführung gering. Das Geld sei ja da, sagt Bednarek, nur nicht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Forderungen der Arbeitnehmerseite seien klar, der Ball liege jetzt beim Sender, sagt sie. Weitere Streiks halte sie für wahrscheinlich.

Auch das Sandmännchen wurde mit den Forderungen der Belegschaft ausgestattet.
Auch das Sandmännchen wurde mit den Forderungen der Belegschaft ausgestattet.Justus Bonde/Berliner Zeitung

In der ersten Verhandlungsrunde bot der RBB der Arbeitnehmerseite eine Lohnsteigerung von 1,9 Prozent mit einer Laufzeit von 24 Monaten. Auch eine Einmalzahlung von maximal 2000 Euro bot der Sender an. Am Vortag des Ausstands sollte eine weitere Verhandlungsrunde stattfinden, der RBB konnte allerdings kein erneuertes Angebot unterbreiten. Der Grund sei, dass sich die neue Intendantin Katrin Vernau bisher keinen ausreichenden Überblick über die Finanzlage des Senders habe machen können, so die Arbeitnehmerseite, ihre Gegenüber hätten gesagt, sie seien gar nicht mandatiert für ein neues Angebot.

Er habe so etwas in 30 Jahren nicht erlebt, sagt Wolf Siebert zu dem gescheiterten Verhandlungsversuch am Donnerstag. Der Reporter des Inforadios verhandelt für den DJV im Tarifstreit. Sehr hoch sei die Streikbereitschaft in der Belegschaft weiterhin, sagt er. „Die Unzufriedenheit ist sehr groß.“ Er nehme „Enttäuschung“ und „Erschütterung“ wahr, wenn er mit Kolleginnen und Kollegen über die Tarifverhandlungen spreche – insbesondere vor dem Hintergrund der Skandale um die RBB-Führung im letzten Jahr und der neuen Enthüllungen in diesem Jahr.

Die Auswirkungen des Warnstreiks dürften weithin wahrnehmbar gewesen sein. Das ARD-„Mittagsmagazin“, das im Gemeinschaftsprogramm Das Erste und im ZDF am Freitag hätte gezeigt werden sollen, fiel aus. Im Inforadio war ab 10 Uhr das Programm von NDR-Info zu hören, bei radioeins ausschließlich Musik, so der RBB. Der Warnstreik soll bis 22:30 Uhr andauern, es könnte also bis dahin zu weiteren Programmänderungen kommen.