Was wir über den Amokfahrer vom Breitscheidplatz in Berlin wissen
Gor V. machte gegenüber seinen Nachbarn stets einen freundlichen Eindruck. Doch bei der Polizei hat er eine lange Akte.

Der Amokfahrer vom Breitscheidplatz ist vom Amtsgericht Tiergarten in einer geschlossene psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses untergebracht worden. Es folgte damit einem Antrag der Berliner Staatsanwaltschaft.
Der 29-jährige Deutsch-Armenier Gor V. schweigt in der Vernehmung durch die Polizei. Nach Angaben von Ermittlern hat sich der Mann, der am Montag auf der Tauentzienstraße neben dem Breitscheidplatz mit einem Auto eine 51-Jährige tötete und 17 weitere Passanten zum Teil schwer verletzte, bislang noch nicht zu seinem Tatmotiv eingelassen.
Gor V., der vor sieben Jahren in Deutschland eingebürgert wurde, ist durch frühere Delikte polizeibekannt. „Allerdings ist das nichts, wo man sagen muss, dass diese Tat absehbar war“, sagt ein Ermittler.
Gleichwohl gab es in der Vergangenheit schon mehrere Polizeieinsätze in seiner Wohnung in Charlottenburg-Nord. Dort lebte er nach Angaben von Nachbarn seit rund 15 Jahren zusammen mit seiner Mutter und seiner Schwester in einer Dreizimmerwohnung für rund 700 Euro Miete. Die Wohnanlage besteht aus gepflegten Viergeschossern.
Die beschädigte Tür, die am Mittwochabend von einem Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei aufgebrochen wurde, ist inzwischen durch einen von der Polizei beauftragten Schlüsseldienst verschlossen worden.

„Es war schrecklich“, sagt eine ältere Frau, die eine Etage unter ihm wohnt. „Die Polizisten, deren Gesichter vermummt waren, standen im Treppenhaus bis zu mir herunter. Ich konnte danach die ganze Nacht nicht schlafen.“ Schon mehrmals sei die Polizei da gewesen, sagt sie.
21 Einträge in der Polizeiakte
Über Gor V., den sie nur vom Sehen kennt, sagt sie das, was alle Nachbarn in dem Haus sagen: Er sei freundlich gewesen und habe immer nett gegrüßt.
Ein junger Mann, der ebenfalls in dem Aufgang wohnt, wie auch ein weiterer Nachbar bestätigen das: „Die Familie war immer freundlich.“ Nur die Polizei sei öfter bei ihm gewesen, so zwei oder drei Mal.
Anders hört sich am Donnerstagnachmittag Sebastian Büchner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, an: Nach seinen Worten habe es 2014 wegen Diebstahls eine richterliche Verwarnung gegeben. So steht es offensichtlich im Informationssystem der Staatsanwaltschaft. Im Informationssystem der Polizei soll Gor V. hingegen mit 21 Einträgen verzeichnet sein, davon 17 Mal als tatverdächtig. 2013 und 2014 war er demnach auch in psychiatrischer Unterbringung.
In die Psychiatrie und nicht in Untersuchungshaft soll er dieses Mal, weil es laut Büchner Anhaltspunkte für paranoide Schizophrenie gebe. Die behandelnden Ärzte seien von der Schweigepflicht entbunden worden.
Dass Gor V. einen verwirrten Eindruck gemacht habe, wie die Polizei am Mittwoch andeutete, kann niemand der befragten Nachbarn bestätigen. Er habe sich normal verhalten.