Wenn ein ausländisch klingender Name zum Problem bei der Wohnungssuche wird

„Berlin vermietet fair“ heißt ein Leitbild, das sich gegen Diskriminierung auf dem Immobilienmarkt richtet. Doch nur wenige Vermieter wollen es unterstützen.

Wer in Berlin eine Wohnung sucht, hat es mit einem ausländisch klingenden Namen oftmals schwerer als mit einem deutschen. 
Wer in Berlin eine Wohnung sucht, hat es mit einem ausländisch klingenden Namen oftmals schwerer als mit einem deutschen. Imago/Maskot

Berlin - Ein ausländisch klingender Name führt immer wieder dazu, dass Menschen auf Wohnungssuche abgelehnt werden. Die Vermutung liegt nahe, dass die Bewerber zumindest in einzelnen Fällen Opfer von Diskriminierung werden. Die Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt „Fair mieten – Fair wohnen“ will jetzt stärker gegen solche Ungleichbehandlung vorgehen. Sie hat ein Leitbild entwickelt, das zu einer „Kultur fairen Vermietens“ beitragen soll.

Am Montag wurde das Leitbild mit dem Namen „Berlin vermietet fair“ präsentiert. Es besteht aus neun Leitsätzen, die sich an Vermieter richten. Ziel der Initiative ist es, Vermieter für eine „diskriminierungsarme Wohnungsbewerbung, Vergabe, Vermietung und Verwaltung von Wohnraum zu motivieren“, heißt es in der Präambel.

Fair vermieten bedeutet, „eine diskriminierungs- und vorurteilsarme Vermittlung, Vermietung und Verwaltung von Wohnungen in Berlin sicherzustellen“, lautet der erste Leitsatz aus dem Leitbild. Diskriminierung sei bei der Vermittlung von Wohnraum am deutlichsten, doch beschränke sie sich nicht darauf, wird dazu ausgeführt. Sie komme auch bei der Verwaltung des Wohnraums vor, etwa im Umgang mit Nachbarschaftskonflikten oder bei der Bearbeitung technischer Mängel.

Keine Strafen bei Verstößen

In anderen Leitsätzen sollen die Vermieter Mitverantwortung für ein „vielfältiges Wohnungsangebot“, für allgemein zugängliche Wohnungsangebote und eine verständliche und diskriminierungsfreie Sprache übernehmen. Zudem sollen sie sich verpflichten, Vergabeprozesse für Wohnungssuchende „nachvollziehbar zu kommunizieren und Vergabekriterien sichtbar zu machen“ und Beschwerden wegen Diskriminierung ernst zu nehmen, zu bearbeiten und Maßnahmen gegen Diskriminierung zu entwickeln.

Wer das Leitbild unterzeichnet, verpflichtet sich, die Leitsätze einzuhalten. Ob das gemacht wird, soll aber nicht kontrolliert werden. Auch drohen keine Strafen bei Verstößen. Unterzeichner des Leitbildes verpflichten sich jedoch, an einer jährlichen „Nachhaltigkeitsveranstaltung“ teilzunehmen, heißt es. Sie soll dem Erfahrungsaustausch und der Weiterentwicklung einer Kultur des fairen Vermietens dienen.

Grund für das Leitbild sind die Erfahrungen aus der Praxis der Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. „Derzeit erreichen die Fachstelle wöchentlich durchschnittlich bis zu fünf Beratungsanfragen von Wohnungssuchenden, die seit langem erfolglos eine Wohnung suchen“, sagt Remzi Uyguner vom Türkischen Bund in Berlin und Brandenburg (TBB). Der TBB gehört mit dem Beratungsunternehmen UrbanPlus zu den Trägern der Fachstelle, die im Jahr 2017 ihre Arbeit aufgenommen hat. Die Wohnungssuchenden würden nicht zur Besichtigung eingeladen und erhielten sehr oft nicht mal eine Absage, so Uyguner. Zwar sei in diesen Fällen eine offene Diskriminierung nicht sichtbar, da sich jedoch fast ausschließlich Menschen mit einem nichtdeutsch gelesenen Namen mit diesen Problemen an die Fachstelle wenden, sei die Vermutung naheliegend, dass Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft zumindest in einigen Quartieren von der Vermietung ausgeschlossen werden.

Landeseigene Unternehmen machen nicht mit

Ausgerechnet die landeseigenen Wohnungsunternehmen, die sich mit günstigen Mieten einen Namen als faire Vermieter gemacht haben, mögen das Leitbild nicht unterschreiben. Sie verweisen in einer gemeinsamen Stellungnahme, die die Berliner Zeitung vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) erhielt, auf ihr bisheriges Engagement. „Die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bieten Wohnen für alle“, heißt es darin. Insofern sei – gesetzlich und vertraglich flankiert – „diskriminierungsfreies Vermieten für die Unternehmen eine Selbstverständlichkeit“. So sehe beispielsweise die Kooperationsvereinbarung mit dem Senat „auch ganz konkrete Quoten für besondere Zielgruppen vor“.

Weiter verweisen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften darauf, dass sie „in Fragen der Diskriminierungsprävention mit der Fachstelle“ kooperieren. Bei dieser bereits mehrjährigen Begleitung sei bei den Unternehmen „keine relevante Anzahl von Fällen“ bezüglich Diskriminierungsverdachts aufgetreten beziehungsweise konnten vermutete Diskriminierungen entkräftet werden. „Die Geschäftsprozesse sind auf die Sicherstellung einer diskriminierungsfreien Vermietung ausgerichtet“, stellen die Unternehmen klar. Aus ihrer Sicht ist der Neubau besonders wichtig. „Im Sinne einer weiteren Verbesserung der Wohnraumversorgung von am Wohnungsmarkt benachteiligten Gruppen ist es von größter Wichtigkeit, dass der Neubau von günstigen Mietwohnungen weiter mit allem Nachdruck seitens des Landes unterstützt wird“, führen die landeseigenen Unternehmen an.

Bei den privaten Vermietern findet das Leitbild dagegen erste Unterstützer. Thomas Groth, Chef der Hausverwaltung Allod, gehört zu den prominenten Erstunterzeichnern. „Seit 40 Jahren ist die Allod am Berliner Markt als Verwalter und Vermieter tätig“, sagt Groth. „Für uns war und ist es sehr wichtig, ein zuverlässiger und fairer Partner für unsere Mieter und Kunden zu sein.“ Zum Kreis der Unterstützer gehört zudem der Immobilienunternehmer Ulrich Braun. „Beeindruckt vom Schicksal einer afghanischen Familie in Berlin habe ich 2011 begonnen, in der privaten Wohnungswirtschaft für die Vermietung an Geflüchtete zu werben“, sagt er. „Chancengleichheit bei der gesellschaftlichen Teilhabe, der Gemeinwohlgedanke und auch die Bewahrung eines bunten, weltoffenen Berlin sind für mich wichtige Aufgaben auf allen Ebenen unserer Gesellschaft.“