Nach Zitterpartie: Berliner FDP fliegt aus dem Abgeordnetenhaus

Die Liberalen sind wohl raus aus dem Berliner Landesparlament. Die FDP wird damit zum Serien-Verlierer bei Landtagswahlen.

FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja (2.v.l.) steht auf der Bühne der FDP-Wahlparty.
FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja (2.v.l.) steht auf der Bühne der FDP-Wahlparty.Jörg Carstensen/dpa

Um 18 Uhr gibt es erst mal lange Gesichter. Als die erste Prognose über den großen Bildschirm flimmert, klatschen die FDP-Anhänger noch laut, weil ihr Wunschpartner, die CDU, stärkste Kraft ist. Als der gelbe Balken dann erscheint, wird es still im Atrium des Hans-Dietrich-Genscher-Hauses in Berlin-Mitte. Die Fünf-Prozent-Hürde ist nicht geschafft, die FDP diesen ersten Prognosen zufolge aus dem Landtag geflogen. Das war’s. Die Gesichter der Anhänger bei der Wahlparty sind von Entsetzen gezeichnet, das Gemurmel bleibt gedämpft.

Auch der FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja wirkt niedergeschlagen. Als er die Bühne betritt, beklatschen ihn die Anhänger wie einen Popstar. Er lächelt und ruft in den Saal, dass seine Partei für einen politischen Wechsel gekämpft habe. Und dass er immer noch an einen Erfolg glaube. Er verspricht: „Das wird ein langer und spannender Abend.“ Die FDP sei nichts für schwache Nerven.

Doch alle Hoffnung zerschlägt sich im Laufe des Abends. Die Partei bleibt unter fünf Prozent. Nur einmal, um  19 Uhr, steigt die Stimmung plötzlich. Die FDP ist laut einer Hochrechnung doch im Abgeordnetenhaus. Viele holen sich ein Bier und eine Currywurst. Wenig später liegen die Liberalen wieder unter fünf Prozent. Und die Gesichter werden lang. 

Dass es eine Zitterpartie für die Liberalen werden könnte, sagten die Umfragen voraus. Trotzdem war in diesem Wahlkampf alles möglich. Drei Optionen gab es für die Berliner FDP – sie bleibt im Abgeordnetenhaus, regiert sogar mit, oder sie fliegt raus. Nun sieht es nach Letzterem aus. Und damit hat die Partei nach der Wahl 2021 zu viele Stimmen verloren. 

Die Berliner FDP ist Hochs und Tiefs gewohnt. Seit mehr als drei Jahrzehnten regierte sie in der Hauptstadt nicht mehr mit, flog 2011 schon mal aus dem Abgeordnetenhaus, um 2016 wiederzukommen. Damals punktete die Partei mit der Offensive für den Flughafen Tegel, der sollte bleiben. Das zog, die Liberalen durften wieder mitspielen. Diesmal hatten sie sich das Thema Verwaltungsreform zu eigen gemacht. Das Wahlversprechen war, die Verwaltungswege kleiner zu machen, den Behördenapparat zu modernisieren – mit dem Fokus auf mehr Bürgerservice.

Außerdem bissen sich Czaja und seine FDP an den Grünen fest, vor allem an deren Vorsitzenden und Spitzenkandidatin Bettina Jarasch. Diese wollten die Liberalen, so gaben sie früh bekannt, auf keinen Fall zur Regierenden Bürgermeisterin wählen. Czaja machte auch keinen Hehl daraus, dass er gerne mit der CDU und der SPD paktieren würde.

Dass er und seine Partei jetzt überhaupt mitreden werden die nächsten Jahre, ist nun eher unwahrscheinlich. Ein FDP-Anhänger sagt am Abend: „Die Berliner wollten den Wechsel nicht.“ Er befürchte, dass es so weitergehe wie bisher. Manche schieben das schlechte Abschneiden an dem Abend auf die Bundes-FDP. Seit diese in der Ampel mitregiert, verlieren die Liberalen in den Landtagen an Zuspruch, holten sich nun die fünfte Wahlenttäuschung in Folge. 2022 war ein besonders mieses Jahr, das könnte sich jetzt nach der Nachwahl in Berlin fortsetzen.