Woidke sucht Kompromiss: Eine Stunde Nachtruhe mehr am Flughafen
Potsdam/Berlin - Brandenburg rückt von seiner Maximalforderung für das Nachtflugverbot auf dem neuen Hauptstadtflughafen ab. Statt drei Stunden wolle das Land als Kompromiss nun noch eine Stunde Nachtruhe mehr durchsetzen - von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr, sagte Regierungschef Dietmar Woidke am Montag in Potsdam. Das Land Berlin ist nach wie vor gegen ein längeres Flugverbot. Beim Bundesverkehrsministerium hieß es zu Woidkes Vorschlag nur: «Kein Kommentar.» Brandenburg, Berlin und der Bund sind die drei Gesellschafter des künftigen Flughafens in Schönefeld. Dessen Eröffnung ist wegen Bau- und Planungsmängeln schon mehr als zwei Jahre im Verzug.
Woidke sagte, die von einem erfolgreichen Volksbegehren verlangte Ausweitung der Nachtruhe von 22.00 bis 6.00 Uhr sei nicht erreichbar. «Die Miteigentümer haben in den Gesprächen unmissverständlich klargestellt, dass sie einer Änderung des höchstrichterlich bestätigten Planfeststellungsbeschlusses nicht zustimmen werden.» Demnach gilt ein Nachtflugverbot von Mitternacht bis 5.00 Uhr. Woidke will am Mittwoch im Landtag zur Nachtflugregelung eine Regierungserklärung abgeben. In Brandenburg wird im September ein neuer Landtag gewählt.
Das Parlament hatte das Volksbegehren vor einem Jahr angenommen und die Regierung zu entsprechenden Verhandlungen verpflichtet. Doch die Miteigentümer Bund und Berlin sehen dadurch die Wirtschaftlichkeit des Flughafens gefährdet. Für einen Alleingang Brandenburgs zur Änderung der Nachtflugregelung gebe es keine rechtliche Grundlage, erklärte Woidke. Daher wolle Brandenburg seinen Kompromissvorschlag am 7. April bei der Gesellschafterversammlung einbringen.
«Wenn Brandenburg neue Ideen hat, kann es die gerne in die Flughafengremien einbringen», sagte Senatssprecher Richard Meng am Montag. Berlin bleibe aber bei dem Beschluss, wonach von 0.00 bis 5.00 Uhr ein Flugverbot und in den Randzeiten strikte Einschränkungen gelten. «Es wird keine generelle Abkehr von der bisherigen Linie geben», fügte er hinzu. Zwischen 5.00 und 6.00 Uhr gebe es lediglich eine Hand voll Flüge, zumeist aber Interkontinentalflüge, die sich nicht so ohne weiteres verschieben ließen.
Woidke vertrat die Ansicht, dass sein Vorschlag für die Wirtschaftlichkeit des Flughafens kaum Auswirkungen hätte. Denn er bedeute in dieser frühen Morgenstunde nur den Verzicht auf zwei bis maximal zehn Flüge. Eine Änderung der Planfeststellung sei dafür auch nicht notwendig.
«Die Flughafengesellschaft verzichtet freiwillig mit Zustimmung der Gesellschafter auf den Gebrauch der Betriebsgenehmigung von 5 Uhr bis 6 Uhr», lautet Woidkes Vorschlag konkret. Dies soll in einem auf fünf Jahre angelegten Modellversuch erfolgen. «Ich hoffe auf die Einsicht, dass ein Kompromiss die Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinander am Flughafen ist», sagte der Ministerpräsident.
CDU-Chef Michael Schierack sagte, Woidke habe «das Volksbegehren nicht umgesetzt und mogelt sich lieber bis zum Wahltag durch». Dabei könne er durchaus ein erweitertes Nachflugverbot durchsetzen, wenn es ihm ernst wäre: «Gutachten zeigen, dass der Landesregierung dafür die rechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung stehen.»
Die Landesregierung habe sich die Forderung nach einem Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr durch Annahmen des Volksbegehrens zu eigen gemacht, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. «Es gibt keinen Grund, hinter dieser Position zurückzubleiben, solange nicht alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft sind.» Mit diesem Kompromissvorschlag habe Brandenburg seine Verhandlungsposition geschwächt.
Dagegen forderte FDP-Chef Gregor Beyer Woidke auf, die Pläne für ein strengeres Nachtflugverbot zu begraben. Dies sei von Anfang an «volkswirtschaftlicher Irrsinn» gewesen, denn der Flughafen könne nur mit Flügen auch in den Randzeiten seinen Dienst erfüllen. (dpa/bb)