Bei Netflix läuft nur noch Schrott: Also Neues ausprobieren!

Netflix lässt zu wünschen übrig. Ist das ARD-ZDF-Arte-3sat-Angebot eine Alternative? Der ORF? Unsere Kolumnistin hat es ausprobiert. Und gibt Tipps.

Unsere Kolumnistin Eva Biringer
Unsere Kolumnistin Eva BiringerFlorian Reimann

Neulich habe ich mir einen Beamer gekauft. Großes Kino, jedenfalls mit der richtigen IP-Adresse. Mubi und Amazon Prime kommen bei meinem Pensum leider nicht hinterher, bei Netflix läuft nur noch Schrott. So kam es, dass ich mich zum ersten Mal in meinem Leben in den Rabbit Holes der Mediatheken verlor.

Es wird ja viel geschimpft über die Öffentlich-Rechtlichen, aber cineastinnenmäßig ist da einiges zu holen. Voller Vorfreude, mit einer Hirse-Ofengemüse-Bowl auf dem Schoß öffnete ich „Killing of a Sacred Deer“ – nur um stattdessen dieses bescheuerte Banner auf die Wand geworfen zu bekommen, aus rechtlichen Gründen, bla, bla, bla. So muss das früher gewesen sein, nach Röhrenfernsehersendeschluss.

Na, dachte ich, das wollen wir doch mal sehen. Wir, also ich, sahen aber gar nichts, weder „Ich bin Dein Mensch“ noch „Alles ist gut“ (NICHTS IST GUT) noch „Asbest“ und auch nicht die „Schwangerschaft als Business“-Doku bei Arte. Die „Hoffnung“ stirbt zuletzt, aber auch da erschien dieses wurstige Banner. Manchmal ist die EU echt zu gar nichts nutze. Davon, dass es bei manchen Filmen Lizensierungsfisimatenten gibt, hatte ich bereits gehört. Es ging aber wirklich fast nichts, nicht mal Jan Böhmermann. Da war die Bowl längst kalt und ich den Tränen nahe.

Was, dachte ich, sagt es über mein Wesen aus, dass ich zwanghaft das komplette ARD-ZDF-Arte-3sat-Programm durchsehen muss, um zu sehen, was mir entgeht? Kurz landete ich bei diesem unsäglichen „Chef’s Table“-Abklatsch des Saarländischen Rundfunks, hatte aber schnell genug von Kamerafahrten über Rouladen mit Soße. „Am Pass – Geschichten aus der Spitzenküche“ ging nämlich komischerweise. Was auch ging, war der „Tatort“, in der ORF-Mediathek jedenfalls.

Die ORF-Mediathek – von Geierwally bis Bergdoktor

Die ORF-Mediathek: Die meisten Sendungen sind dort nur eine Woche verfügbar und, glauben Sie mir, selbst das wäre nicht nötig. Ein Auszug aus dem Primetime-Angebot des 13. Februar beispielsweise: „Unser Österreich: Bauernleben, Bauernsterben“, „Die Geierwally“, „Der Bergdoktor“, „Soko Kitzbühel“. Dann eine Fitnessshow namens „Fit aktiv für Junggebliebene“, so was gibt es sonst meines Wissens nur bei Netflix.

Große Hoffnungen setzte ich in „Willkommen Österreich“, weil ich Stermann und Grissemann echt immer extrem lustig gefunden hatte. Die eher mittelzündenden Gags wurden durch Einspieler aus dem österreichischen Fernsehen aufgelockert, ähnlich wie früher bei „TV Total“. Ein Lokalpolitiker sagte „Wurst Case“ statt Worst Case, ein anderer hatte bei TikTok einen Song gegen Windkrafträder gepostet. Politisch ging es auch an anderen Stellen der Mediathek zu, in Form eines Beitrags zum Thema „Wie korrupt ist Österreich?“.

In der ARD-Mediathek ging es derweil um die wiederholte Berlin-Wahl, worüber sich in Wien wahrscheinlich niemand aufgeregt hätte, weil sie hier froh sind, wenn keine russischen Oligarchinnen mitmischen. Ich hätte mir natürlich den „Tatort“ anschauen können – immerhin da hat meine Wahlheimat immer die Nase vorn –, das widerstrebte an einem Montagabend aber meinem Ordnungsprinzip.

Ich weiß schon, welche Art Mails demnächst in meinem Leserbriefpostfach landen: Schon mal mit einem VPN-Client versucht? Mache ich, versprochen. An diesem Abend jedoch begann ich über grundsätzliche Dinge nachzudenken. War das ORF-Fernsehen ein Grund, wieder ganz nach Deutschland zu ziehen? War es nicht gleichzeitig interessant, dass ich von Berlin aus so gut wie nie auf irgendwelche deutschen Mediatheken zugegriffen hatte? Ist all das ein Zeichen dafür, dass ich öfter in das 4000 Meter entfernte Programmkino gehen sollte? Kann man nicht alles haben im Leben? Sollte ich nächstes Mal für die Bowl Mohn- statt Gerstenmiso nehmen?

Schlussendlich landete ich bei einer Bergdoku mit dem Titel „Von den Lienzer Dolomiten zu den Karnischen Alpen“, was insofern gar nicht schlecht war, als dass ich eh auf der Suche nach Wanderrouten für den kommenden Sommer war. Interessant war die Doku auch deshalb, weil der Sprecher einen germanischen Akzent hatte, wie M. sagen würde, und sie doch in Österreich immer so auf die Stärkung der eigenen Identität achten. Jedenfalls weiß ich jetzt, dass in Lienz, dem urbanen Herz Osttirols, überall heitere Lebensfreude zu spüren ist.

Heiter war mir dann auch am nächsten Tag wieder zumute. Da entdeckte ich hundert Meter von meiner Wohnung entfernt eine Filmgalerie, mit Partnerbetrieb in Berlin. Mein Beamer hat natürlich kein DVD-Laufwerk – aber sogar das verleihen sie dort.

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