Berlin-Die Gewalt innerhalb von Familien hat in den vergangenen Jahren immer weiter zugenommen. Erfasste die Berliner Polizei vor zehn Jahren „nur“ 2890 Delikte wie Straftaten gegen das Leben, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sowie Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit, so waren es im vergangenen Jahr 4153 dieser Delikte.
Einen Höhepunkt gab es im Jahr 2018, als die Polizei 4222 Fälle registrierte. Diese Zahlen nennt die Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage des fraktionslosen Abgeordneten Marcel Luthe, der als Spitzenkandidat der Freien Wähler für die Abgeordnetenhaus-Wahlen im Herbst antritt.
In diesem Jahr zählte die Polizei bis Ende Mai bereits 1521 Fälle von Straftaten gegen das Leben, sowie Sexualstraftaten und Prügelattacken, bei denen zwischen Tätern und Opfern ein Verwandtschaftsverhältnis vorlag.
Zu diesen Straftaten gehörten im vergangenen Jahr 214 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Im Jahr zuvor waren insgesamt 195 Fälle gezählt worden. Große Schwankungen angesichts der Jahreszeiten oder des Corona-Lockdowns lassen sich aus der Tabelle nicht erkennen. Die Zahl der Sexualdelikte blieb über die Monate in etwa konstant.
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Zwar leben viele Opfer und Täter in den Wohnungen zusammen. Doch einen Überblick über die Fälle, in denen Täter und Opfer dieselbe Meldeadresse haben, hat die Polizei nicht. „Zu der Frage ist keine automatisierte Auswertung möglich“, antwortete Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD).
Das bedeutet aus Luthes Sicht, dass es keinen sauberen Überblick über die Zahlen der häuslichen Gewalt gibt. „Natürlich kann das Polizeiliche Informationssystem Meldeadressen von Tätern und Opfern häuslicher Gewalt abgleichen“, sagt Luthe. „Angesichts des demonstrativen Desinteresses, das aus der Antwort spricht, ist es kein Wunder, dass nach wie vor viel zu viele Opfer keine Hilfe suchen.“ Nur durch Transparenz könne dieser Gewalt ein Ende gesetzt werden.
Unter dem Begriff „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ ist ein breites Spektrum von Delikten zusammengefasst – von sexueller Belästigung über Ausbeutung durch Prostitution bis zu sexuellem Missbrauch von Kindern und Vergewaltigung. Unter „Straftaten gegen das Leben“ sind unter anderem versuchter und vollendeter Totschlag oder Schwangerschaftsabbruch ohne ärztliche Feststellung zusammengefasst. Der Begriff „Straftaten gegen die persönliche Freiheit“ fasst unter anderem Delikte wie Nötigung, Bedrohung oder Zwangsheirat zusammen.