Erst kurz vor Angela Merkels Abflug verkündete die Bundesregierung die Entscheidung: Merkel fliegt, sie trifft Putin, aber ein wesentlicher Programmpunkt ihres Russland-Besuchs ist gestrichen: Die Eröffnung der Ausstellung „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ in der Eremitage von St. Petersburg.
Nicht irgendeine Ausstellung ist das, sondern ein jahrelang vorbereitetes deutsch-russisches Kulturprojekt. Gezeigt werden sollten auch 600 Objekte, die von Russland nach dem Zweiten Weltkrieg aus Deutschland gebracht wurden, so genannte Beutekunst. Der „Goldschatz aus Eberswalde etwa gehört zu diesen Exponaten.
Noch am Morgen jubelte der Osteuropa- und Beutekunstexperte Wolfgang Eichwede von der Universität Bremen im Deutschlandfunk, es handele sich um einen guten Schritt voran. „Wir bringen das Gemeinsame dieser Kunst in den Blick“, die über so lange Jahre verborgen gewesen sei – statt sich vor allem mit Rechtsstreitigkeiten über die Rückgabe der deutschen Kunstobjekte aufzuhalten.
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Nach bisheriger Darstellung von deutscher Seite waren genau die Rechtsstreitigkeiten der Grund für die Absage: Merkel habe in ihrem Grußwort die Beutekunst erwähnen wollen, Putin sei das nicht recht gewesen. Russland habe daher alle Grußworte vom Programm gestrichen. Und nur als sprachlose Dekoration für eine Ausstellung wollte Merkel nicht dienen.
Nun steht doch wieder das Trennende im Vordergrund, einmal mehr binnen weniger Tage. Dieses Mal ist es die Kunst. Anfang der Woche war auf dem G8-Gipfel in Irland mit Putin bereits nur mühsam eine Einigung zu Syrien hinzubekommen.
Polenz verteidigt Merkels Absage
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), hat die Entscheidung der Bundeskanzlerin verteidigt, nach der Streichung ihres Grußworts nicht an einer Ausstellungseröffnung in St. Petersburg teilzunehmen. Polenz sagte der „Berliner Zeitung“ (Samstagausgabe), Merkel habe nach Streichung ihres Grußwortes keine andere Wahl gehabt, als die Teilnahme an der Eröffnung abzusagen.
„Es ist richtig, dass Angela Merkel diese Ausstellung nicht kommentarlos besucht.“ Sie hätte sonst den Eindruck erweckt, als rücke Deutschland von seinem Anspruch auf Rückgabe der Beutekunst ab. Polenz kritisierte das russische Vorgehen. „Sehr diplomatisch hat sich Russland nicht verhalten“. Er sprach von der „russischen Weigerung, Grußworte vorzusehen“. Die deutsch-russischen Beziehungen würden durch diesen Vorgang allerdings nicht leiden. „Das wird nicht fortwirken“, sagte Polenz.
Ein Wirtschaftsforum werden Putin und Merkel dennoch gemeinsam besuchen in St. Petersburg. Auch eine Pressekonferenz ist noch vorgesehen. Strahlend lächelnde Harmonie wird es nicht geben.
Putin ist ohnehin kein großer Diplomat. Merkels diplomatische Freundlichkeit hat auch Grenzen.