Neue Misshandlungsvorwürfe gegen private Sicherheitskräfte in nordrhein-westfälischen Flüchtlingsheimen haben die Debatte über die Unterbringung von Asylsuchenden verschärft. In Burbach im Siegerland wird gegen zwei weitere Wachmänner ermittelt. Insgesamt sind dort sechs Personen verdächtig, Flüchtlinge drangsaliert zu haben. Auch in Essen hat die Polizei Ermittlungen gestartet, dort soll es ebenfalls um Körperverletzung und Prügelattacken gehen. Im siegerländischen Bad Berleburg sollen zwei 30 und 37 Jahre Sicherheitsleute einen Flüchtling verletzt haben.
Erinnerungen an Abu Ghoraib
Diese Vorfälle müssten rasch und dringend aufgeklärt werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. NRW-CDU-Chef Armin Laschet machte die rot-grüne Landesregierung in Düsseldorf mit verantwortlich. „Die Regierung hat die Aufsichtspflicht nicht wahrgenommen“, sagte er. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl reagierte entsetzt: „Wenn in Flüchtlingslagern zwei Wochen lang durch einen privaten Sicherheitsdienst gefoltert wird, dann stimmt etwas grundsätzlich nicht.“ Die grüne Parteivorsitzende Simone Peter erklärte, die Bilder der Misshandelten erinnerten an Abu Ghoraib.
„In einem Land wie Deutschland sind solche Vorgänge in keiner Weise hinnehmbar.“ Die Grüne plädierte für eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge und einen verkürzten Aufenthalt in den Gemeinschaftsunterkünften. Peter bedauerte einen „Rollback in der Asylpolitik“. Die Grünen wollten keine weitere Verschärfung der Gesetzgebung.
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Überführungen dank Video
Auslöser der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen war ein Handy-Video. Es zeigt einen Übergriff auf einen Flüchtling im Burbacher Heim. Siegens Oberstaatsanwalt Johannes Daheim sagte, anhand der Stimmen seien beide Wachleute identifiziert. Sie würden vernommen. Man hoffe, durch ihre Aussagen auch das Opfer zu finden.
Ein zweites Video zeigt zwei Wachleute und einen Flüchtling am Boden: Ein Wachmann drückt ihm seinen Stiefel in den Nacken, der andere schaut zu. Auch gegen die beiden wird ermittelt. In Essen gaben Flüchtlinge an, nach Streitigkeiten geschlagen worden zu sein. „In den letzten 14 Tagen sind bei uns drei Anzeigen eingegangen“, so ein Polizeisprecher.
Die Notunterkünfte in Burbach und Essen sind Einrichtungen des Landes. Betreiber ist die Essener Firma European Homecare. Der Einsatz von Privaten in Flüchtlingsheimen lässt sich nach Einschätzung der Deutschen Polizeigewerkschaft nicht vermeiden. „Mit dem vorhandenen Personal geht das nun mal leider nicht immer“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt.