Neben der Bar 25 steht während der WM ein Stück Südafrika: Ein Slum an der Spree mit VIP-Lounge

Unter dem Wellblechdach baumelt eine Tafel, "Sekt auf Eis fünf Euro" steht darauf. Darüber türmt sich ein irres Konstrukt aus rostigen Containern, Brettern, alten Autoreifen, ganz oben staken Antennen und Satellitenschüsseln in den Himmel. Seit dem WM-Auftakt steht in Berlin ein kleines Stück Südafrika, ein Slum an der Spree, der Johannesburg 24 heißt.Es ist der wohl ungewöhnlichste Ort zum Fußball schauen in der Hauptstadt. Gebaut hat ihn die Bar 25, der mittlerweile weltbekannte Club an der Holzmarktstraße. Public Viewing gab es hier schon zur Europameisterschaft vor zwei Jahren, damals in der kleinen Zirkusarena, in der sonst im Sommer Kinofilme gezeigt werden, Theaterstücke und Konzerte stattfinden. Für die WM 2010 nun hat die Bar 25 das Nachbargrundstück ausgebaut. Die Idee dazu entstand im vergangenen Jahr, die Macher der Bar 25 standen in Kontakt mit Leuten von Adidas, man überlegte eine Zusammenarbeit, die WM stand vor der Tür und da lag es nahe, ein Public Viewing auf die Beine zu stellen."Wir hätten auch eine ganz normale Lounge aufbauen können", sagt Steffi-Lotta von der Bar 25, "aber so sieht es nun mal nicht aus in Südafrika." Gemeinsam mit der Künstlergruppe Mikado Stolper klaubten sie Sperrmüll von Schrottplätzen zusammen und bauten daraus die Slum-Burg. Auf der Rückseite entstand eine Zuschauer-Arena samt LED-Leinwand, die ein bisschen aussieht wie aus einem Ritterfilm, mit türmchenartig gespannten Zeltplanen über den Tribünen und einer mit rotem Samt ausgekleideten VIP-Loge.Die Johannesburg 24 soll ein Ort für die ganze Familie sein, neben der Bar unter dem Wellblechdach gibt es eine Skate-Rampe, ein riesiges Schachfeld ist auf den Boden aufgezeichnet, daneben Sand aufgeschüttet und ein Beachvolleyball-Netz gespannt. Im Gegensatz zur Bar 25 nebenan, die bekannt dafür ist, die härtesten Türsteher der Stadt zu haben, kommt hier jeder rein. Als die deutsche Elf ihr erstes Tor in dieser WM schoss, regnete es Konfetti in der Johannesburg 24, 700 Menschen starrten gebannt auf die Leinwand, dahinter ging die Sonne unter, die S-Bahn rumpelte vorbei und jedes Mal, wenn ein Spieler den Ball ins Tor kickte, sprang die Menge auf und tanzte.Ein kleiner Vergnügungspark vor der Kulisse eines Townships: Es ist eine Kombination, die dem ersten Schluck Sekt auf Eis durchaus einen fahlen Nachgeschmack folgen lassen kann. Townships wurden in Südafrika im vergangenen Jahrhundert von der Apartheid als Wohnviertel für die schwarze Bevölkerung vom Rest der großen Städte abgegrenzt. Bis heute sind die Kriminalitätsraten hoch in den Slums, die Menschen leben auf engstem Raum, oft ohne fließend Wasser und unterhalb der Armutsgrenze. Da muss es geradezu makaber wirken, dass auf dem nachgebauten Slum an der Spree ein großes Adidas-Emblem prangt, dass die Leute wie bei dem Deutschland-Spiel am Sonntag draußen Schlange stehen wie vor einem Club und am Eingang drei Euro Eintritt zahlen, um im Slum-Nachbau Fußball zu gucken. "Wir sehen die Johannesburg 24 als Kunstprojekt", sagt Steffi-Lotta. Politisch unkorrekt findet sie die Kulisse nicht. "Wir wollten etwas Besonderes schaffen."Johannesburg 24: Holzmarktstraße 24, täglich von 12 bis 24 Uhr.------------------------------Foto: Johannesburg 24: Für die Macher von der Bar 25 ist der kleine Vergnügungspark vor der Kulisse eines Townships ein Kunstprojekt. Wer in diesen Fußballslum hinein- möchte, muss drei Euro Eintritt zahlen.