Neue Dokumente im Abhörskandal: BND und NSA kooperieren überaus eng

München/Berlin/Washington - Es ist noch nicht lange her, da lief die Spionagezusammenarbeit zwischen den USA und Deutschland wie am Schnürchen. „Im vergangenen Jahr hat Deutschland sowohl Eifer als auch Eigenständigkeit dabei gezeigt, seine elektronische Aufklärung weiterzuentwickeln, und es hat größere Risiken auf sich genommen, Bedürfnisse der US-Geheimdienste zu unterstützen und die Teilhabe der deutschen Regierung, der Partner und der NSA an Informationen zu verbessern“, zitierte die Washington Post am Dienstag aus einem Dokument der NSA vom 17. Januar 2013, in dem die Beziehung zum Bundesnachrichtendienst bilanziert wurde.

„Der BND hat sich bemüht, die Bundesregierung dahingehend zu beeinflussen, dass sie die Auslegung von Datenschutzgesetzen langfristig lockert, um mehr Möglichkeiten für die Weiterleitung von Geheimdiensterkenntnissen zu schaffen“, heißt es dort weiter. NSA und BND hätten sogar ein Logo geschaffen für ihre gemeinsamen Lauschaktivitäten unter der Abkürzung JSA (joint signals-intelligence activity), schreibt die Zeitung. Es zeige den Adler des US-Wappens vor den Farben der deutschen Fahne und die Worte „Der Zeitgeist“.

Zur Schau getragene Empörung

Weitere Dokumente belegen somit eine überaus enge Kooperation zwischen BND und NSA, wie sie von der Bundesregierung offiziell nie bestätigt worden ist. Man habe angesichts der öffentlichen Empörung über die Enthüllungen des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden nicht ehrlicher sein können, zitiert die Zeitung einen anonymen hohen deutschen Regierungsbeamten: „Es ist ein sehr schlechter Moment, um zu sagen: Es ist alles in Ordnung.“

Diese langjährige, ebenso klandestine wie intime Zusammenarbeit der Dienste erklärt das Ausmaß der Überraschung auf Seiten der USA über die von der Bundesregierung plötzlich zur Schau getragene Empörung. Man hätte dort eher aufklärende Worte aus Berlin über diese enge Kooperation erwartet als öffentliche Rügen dafür, dass ein BND-Mann als eigener Spion angeheuert wurde.

Erst die Ausweisung des obersten US-Geheimdienstresidenten aus Deutschland sowie eine deutliche Intervention der Kanzlerin im Telefonat mit Präsident Barack Obama am Dienstag vergangener Woche vermochten es offenbar, in Washington den Ernst der Lage verständlich zu machen. Die US-Regierung entsandte daraufhin einen der engsten Vertrauten Obamas, seinen Stabschef Denis McDonough, nach Berlin. Drei Stunden saßen er und Obamas Beraterin für innere Sicherheit, Lisa Monaco, am Montag mit Kanzleramtschef Peter Altmaier und dem Koordinator der deutschen Nachrichtendienste, Günter Heiß, zusammen.

Die Aufrüstung des BND könnte bald starten

McDonough ist in der Regel so unabkömmlich im Weißen Haus, dass er höchst selten für solche Einsätze zur Verfügung steht. Dass er in Berlin vorsprach, ist also durchaus schon ein Signal der Demut, die die Bundesregierung in dieser Angelegenheit von den Amerikanern erwartet.

In der Sache dürften sich die Gesprächspartner allerdings nicht viel bewegt haben. Ein wesentliches Ziel der Bundesregierung dürfte die Zusicherung der USA sein, deutsche Interessen künftig zu respektieren und nicht zu verletzen. Einstweilen will die Bundesregierung den BND so aufrüsten, dass er künftig auch die Aktivitäten befreundeter Geheimdienste in Deutschland überwachen kann. Das nennt man dann den 360-Grad-Blick, den die USA schon immer hatten.