Neue Erkenntnisse über die Evolution von Vielzellern: Gen-Code von Rickettsien geknackt

Das Erbgut des Fleckfieber-Erregers ist vollständig entschlüsselt. Das berichten schwedische Forscher im Wissenschaftsjournal "Nature". Das Bakterium mit dem zungenbrecherischen Namen Rickettsia prowazekii wird von Kleiderläusen auf den Menschen übertragen. Es ruft hohes Fieber, starke Kopf- und Gliederschmerzen, sowie eine fleckige Färbung der Haut hervor. Die Krankheit tritt vor allem bei schlechten hygienischen Verhältnissen auf und wird deshalb auch Hunger- oder Kriegstyphus genannt. Schätzungsweise 20 bis 30 Millionen Menschen starben nach dem Ersten Weltkrieg daran. Das war nicht der einzige Grund für den Biologen Siv Anderson und seine Kollegen von der Universität Uppsala, die mehr als eine Million Bausteine des Rickettsia-Erbguts zu enträtseln. Das Bakterium interessierte die Forscher vor allem deshalb, weil es den sogenannten Mitochondrien sehr ähnlich ist. Diese gehören zur normalen Ausstattung jeder Zelle von Pflanze, Tier oder Mensch. Mitochondrien werden oft auch "Kraftwerke der Zelle" genannt, weil sie den Energiestoffwechsel gewährleisten. Seit langem vermuten Experten daß Mitochondrien früher einmal Bakterien waren, die im Inneren anderer Einzeller lebten. Darauf weist etwa die Tatsache hin, daß Mitochondrien eigenes Erbmaterial enthalten. Auch Rickettsien sind nur im Inneren von Zellen lebensfähig. Aus der Untersuchung des Erbguts der Keime schließen die schwedischen Forscher, daß Fleckfieber-Erreger und Mitochondrien sehr eng miteinander verwandt sind. Sie vermuten zudem, daß auch Rickettsia prowazekii auf dem Wege ist, seine genetische Unabhängigkeit zu verlieren. So hat das Bakterium vergleichsweise wenig Erbmaterial, das nach Aussage der Forscher ständig abnimmt, weil Rickettsien zunehmend bestimmte Funktionen der befallenen Zelle nutzen. (plue.)